Das Jahr begann mit einer arbeitsbedingten Erkrankung und steigerte sich im Herbst mit einer Bauch-OP. Da fehlten mir etliche S-Bahnfahrten zum Lesen, zudem gab es einige Brocken, deren Lektüre sich hinzog und sogar noch hinzieht. Nur 37 Bücher konnte ich daher auslesen, seit langer Zeit befand sich kein Sachbuch darunter.
Mit 26 Werken führte die Science-Fiction mein Interesse an, dem folgten sechs Fantasy-Werke, zwei allgemein phantastische und drei nicht phantastische Bücher.
Darunter befanden sich acht Anthologien bzw. Sammlungen mit Kurzgeschichten oder Gedichten.
23 Bücher wurden mir geschenkt oder habe ich mir selbst gekauft, 14 kamen als Rezensionsexemplare.
Die Verteilung der Geschlechter ist fast paritätisch, 14 Autorinnen zu 17 Autoren, wobei die Anthologien hierbei unberücksichtigt bleiben.
Speziell in der SF gab es eine 11 zu 11 Verteilung, quasi Doppelelfenwerk, wobei ich dieses Jahr großen Wert darauf legte, mir speziell Bücher von SF-Autorinnen zu holen. Hierzu plane ich noch einen gesonderten Artikel.
Was waren nun meine Highlights?
Zunächst zwei SF-Klassiker Ursula K. Le Guins »The Word for World is Forest«, das ich im Original las und Margaret Atwoods »Der Report der Magd«. Beides sehr politische und hochaktuelle Werke, die völlig zu Recht als Meisterwerke gelten.
Zwei andere Klassiker kannte ich vorher nicht: Guy Endores »Der Werwolf von Paris« ist in den USA der Werwolf-Klassiker schlechthin und überraschte mich durch seine Verzahnung mit der französischen Geschichte. Hermann Melvilles »Mardi und eine Reise dorthin« kostete mich etliche Wochen, bleibt aber durch seine Struktur und Fülle an bizarren Gesellschaftsformen bisher noch sehr präsent.
Bei den aktuellen SF-Romanen konnten mich vor allem Autorinnen überzeugen: Emma Braslavskys »Die Nach war bleich, die Lichter blinkten« konnte ich via Lesung und Rezension im Feuilleton kennenlernen und obwohl der Roman mit bekannten Themen jongliert, gefielen mir Schreibstil und Erzählperspektive sehr.
Der für mich beste neue SF-Roman 2019 kommt von Melanie Vogltanz. »Shape Me« ist so ziemlich alles, was ich mir von deutschsprachiger SF wünsche. Knackig, gut geschrieben, hart aber nicht Gewalt zelebrierend, politisch und utopisch.
Das gelang Sibylle Berg mit »GRM« leider nicht. So sehr ich die Autorin als bohrende Fingerspitze mag, ihr Roman suhlte sich zu sehr in den Anprangerungen und Bloßlegungen. Wie auch bei Dietmar Dath habe ich die Befürchtungen, dass hier das Lektorat zu zahm wurde.
Zwei Werke am Rande der SF und beides quasi Debüts, faszinierten mich: Karl Nagels »Schlund« über Punk in der BRD machte mich schlau, rau und grau. Eine kunterbunte Erfahrung.
Von René Frauchinger erwarte ich Zukunft noch mehr tolle Texte. »Riesen sind nur große Menschen« ist für mich neben »Shape me« die Entdeckung des Jahres jenseits der Massenverlage.
Ältere phantastische Geschichten von Menschen zu lesen, die man irgendwie ein bisschen zu kennen meint, sind auch eine intime Leseerfahrung und daher gehörten Michael Marraks »Quo vadis, Armageddon?« und Frank Duwalds »Die grünen Frauen« zu den schönsten Lesereisen des Jahres.
Jo Baker – »Ein Ire in Paris« über Samuel Becketts Erlebnisse im zweiten Weltkrieg bewegte mich sehr. Vom SUB gegriffen und schnell verschlungen, ein Literatur-Roman, wie ich gern öfter welche lesen möchte.
Das wohl skurrilste Buch des Jahres stammt von Jasper Nicolaisen. »Erwachsen« ist lustig, traurig, queer, wild und vor allem ein echter Nicolaisen. Von seinem ersten Lesebühnentext an, mochte ich diese Art des Erzählens, der Warmherzigkeit für die Figuren, denen er trotzdem ohne mit der Wimper zu zucken, schlümme Dinge in das Leben wirft – ich bin ein Fanboy. Der Mann schreibt zu wenig.
Das neue Jahr sieht mich bereits im Rückstand mit etlichen Rezensionsprojekten und ich habe auch noch diverse Bücher auf den SUBs, die ich letztes Jahr mit der festen Absicht erwarb, sie sofort zu lesen. Ich sollte einfach keine Rezi-Exemplare mehr annehmen.
Aber eher schaffe ich es wohl, an Gewicht, als an Lektüre abzunehmen.
Hier die Liste der Bücher aus 2019 in der Reihenfolge meiner Lektüre:
Ursula K. Le Guin – The Word for World is Forest
Philip Reeve – Krieg der Städte
Margaret Atwood – Der Report der Magd
Guy Endore – Der Werwolf von Paris
Hans-Arthur Marsiske – Die letzte Crew des Wandersterns
Michael Marrak – Quo vadis, Armageddon?
Michael Marrak – Im Garten des Uroboros
Angela und Karlheinz Steinmüller – Sphärenklänge
Elvis hat das Gebäude verlassen
Frank Duwald – Die grünen Frauen
C. C. Holister – Inferno für Anfänger
Hermann Melville – Mardi und eine Reise dorthin
Swantje Nieman – Masken und Spiegel
René Frauchinger – Riesen sind nur große Menschen
Aleš Pickar – Die zwölf Kronen
Emma Braslavsky – Die Nach war bleich, die Lichter blinkten
Philipp Multhaupt – Herrn Murmelsams Trinklieder
Theresa Hannig – Die Unvollkommenen
James Tiptree Jr. – Helligkeit fällt vom Himmel
Caroline Hofstätter – Das Ewigkeitsprojekt
Sabrina Železný – Feuerschwingen
Ich hoffe, du bist wieder gesund?
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Ja, alles wieder in Ordnung!
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Das freut mich. Wie schafft man es eigentlich als Informatiker, sich berufsbedingt zu verletzen?
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Mein Dienstherr hielt Großraumbüro für eine tolle Idee. Mein Körper nicht.
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Das verstehe ich. Das war ein Grund, warum ich nun arbeitsunfähig bin – der Lärm kam mir wie eine Wand entgegen und ich wäre am liebsten noch vor dem Einstechen geflohen.
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übel sowas
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Oberflächlich gesehen war der Job perfekt, am Wochenende arbeiten, unter der Wochen studieren können. Nach 4 Jahren war ich fertig, vor allem, weil die Telefon so geschaltet waren, dass ich einen Anruf nach dem anderen bekam, während die anderen sich langweilten.
Studium abgebrochen wegen Burnout, mit mit 40 in Frührente abschoben, das war das Ergebnis.
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Das ist eine üble Entwicklung.
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