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Der Elfen Schatten zwischen den Zähnen
Mitten im Lockdown verkündete Uschi Zietsch, die wunderbare Autorin und Cheffin des Fabylon Verlages, dass sie ihre Urban-Fantasy-Reihe »Elfenzeit« ab Juli im eigenen Verlag herausbringen wird. Die 20-bändige Reihe erschien dereinst im Bertelsmann-Buchclub nur für Mitglieder. Frisch überarbeitet, in zehn Doppelbänden ginge es darin um böse Elfen.
Keine Ahnung, was mich veranlasste, spontan die Reihe zu abonnieren, wo ich mit Elfen eigentlich nichts am Hut, sondern eher an der Axt habe. Auf jeden Fall bekomme ich jetzt zehn Monate lang Elfenwerk ins Haus. Ob ich die Bände dann auch alle lese, sei dahingestellt – ich hab da einige unbeendete Reihen in den Regalen.
»Herbstfall« enthält die Romane »Der Hauch der Anderswelt« von Uschi Zietsch selbst und »Im Reich der Dunklen Frau« von Michael Marcus Thurner, den ich bisher nur von Maddrax und Perry Rhodan kannte.

Der Beginn einer so epischen Reihe gehört natürlich der Vorstellungsrunde von Figuren, Hintergrund und dem Problem. In diesem Fall ist es der Einfall der Zeit in das Elfenreich und damit verbunden, die Möglichkeit des Sterbens durch Altern. Rettung verspricht die Menschenwelt. Hier nun begleiten wir eine ziemlich aufgedrehte junge Reporterin und einen traumatisierten Reporter, die quasi in das Elfenproblem und hineinstolpern. Denn der Elfenkönig hat seine Kinder, ein junges Zwillingspärchen ausgewählt, den Quell der Unsterblichkeit zu finden. Natürlich gibt es auch finstere Gegenspieler, die das selbe Problem haben, wobei hier »finster« keine wirkliche Unterscheidung bei den Elfen darstellt, denn beide Seiten sind irgendwie böse.
Probleme habe ich mit dem zugrundeliegenden Konzept, dass Elfen keine Seelen hätten und daher zu Liebe nicht fähig. Menschliche Seelen hingegen könnten ihnen dazu verhelfen oder zumindest zu Macht. Nun ja, »Seele« ist wie Homöopathie, man muss dran glauben. Die Schwäche dieses Konzeptes äußert sich darin, dass die Elfen durchaus Gefühle wie Hass, Furcht, Neid und Begierde empfinden können, warum nun gerade Liebe nicht? Vielleicht wird’s ja noch aufgeklärt.
Der erste Doppelschlag ist durchweg gut geschrieben und spannend, der zweite Band kam gerade an, muss aber noch warten, da ich mir unvernünftiger Weise wieder ein paar Rezi-Exemplare habe aufschwatzen lassen. Mehr von mir zur ersten »Elfenzeit« hier: Herbstfall von Uschi Zietsch und Michael Marcus Thurner
Jahresrückblick 2019
Das Jahr begann mit einer arbeitsbedingten Erkrankung und steigerte sich im Herbst mit einer Bauch-OP. Da fehlten mir etliche S-Bahnfahrten zum Lesen, zudem gab es einige Brocken, deren Lektüre sich hinzog und sogar noch hinzieht. Nur 37 Bücher konnte ich daher auslesen, seit langer Zeit befand sich kein Sachbuch darunter.
Mit 26 Werken führte die Science-Fiction mein Interesse an, dem folgten sechs Fantasy-Werke, zwei allgemein phantastische und drei nicht phantastische Bücher.
Darunter befanden sich acht Anthologien bzw. Sammlungen mit Kurzgeschichten oder Gedichten.
23 Bücher wurden mir geschenkt oder habe ich mir selbst gekauft, 14 kamen als Rezensionsexemplare.
Die Verteilung der Geschlechter ist fast paritätisch, 14 Autorinnen zu 17 Autoren, wobei die Anthologien hierbei unberücksichtigt bleiben.
Speziell in der SF gab es eine 11 zu 11 Verteilung, quasi Doppelelfenwerk, wobei ich dieses Jahr großen Wert darauf legte, mir speziell Bücher von SF-Autorinnen zu holen. Hierzu plane ich noch einen gesonderten Artikel.
Was waren nun meine Highlights?
Zunächst zwei SF-Klassiker Ursula K. Le Guins »The Word for World is Forest«, das ich im Original las und Margaret Atwoods »Der Report der Magd«. Beides sehr politische und hochaktuelle Werke, die völlig zu Recht als Meisterwerke gelten.
Zwei andere Klassiker kannte ich vorher nicht: Guy Endores »Der Werwolf von Paris« ist in den USA der Werwolf-Klassiker schlechthin und überraschte mich durch seine Verzahnung mit der französischen Geschichte. Hermann Melvilles »Mardi und eine Reise dorthin« kostete mich etliche Wochen, bleibt aber durch seine Struktur und Fülle an bizarren Gesellschaftsformen bisher noch sehr präsent.
Bei den aktuellen SF-Romanen konnten mich vor allem Autorinnen überzeugen: Emma Braslavskys »Die Nach war bleich, die Lichter blinkten« konnte ich via Lesung und Rezension im Feuilleton kennenlernen und obwohl der Roman mit bekannten Themen jongliert, gefielen mir Schreibstil und Erzählperspektive sehr.
Der für mich beste neue SF-Roman 2019 kommt von Melanie Vogltanz. »Shape Me« ist so ziemlich alles, was ich mir von deutschsprachiger SF wünsche. Knackig, gut geschrieben, hart aber nicht Gewalt zelebrierend, politisch und utopisch.
Das gelang Sibylle Berg mit »GRM« leider nicht. So sehr ich die Autorin als bohrende Fingerspitze mag, ihr Roman suhlte sich zu sehr in den Anprangerungen und Bloßlegungen. Wie auch bei Dietmar Dath habe ich die Befürchtungen, dass hier das Lektorat zu zahm wurde.
Zwei Werke am Rande der SF und beides quasi Debüts, faszinierten mich: Karl Nagels »Schlund« über Punk in der BRD machte mich schlau, rau und grau. Eine kunterbunte Erfahrung.
Von René Frauchinger erwarte ich Zukunft noch mehr tolle Texte. »Riesen sind nur große Menschen« ist für mich neben »Shape me« die Entdeckung des Jahres jenseits der Massenverlage.
Ältere phantastische Geschichten von Menschen zu lesen, die man irgendwie ein bisschen zu kennen meint, sind auch eine intime Leseerfahrung und daher gehörten Michael Marraks »Quo vadis, Armageddon?« und Frank Duwalds »Die grünen Frauen« zu den schönsten Lesereisen des Jahres.
Jo Baker – »Ein Ire in Paris« über Samuel Becketts Erlebnisse im zweiten Weltkrieg bewegte mich sehr. Vom SUB gegriffen und schnell verschlungen, ein Literatur-Roman, wie ich gern öfter welche lesen möchte.
Das wohl skurrilste Buch des Jahres stammt von Jasper Nicolaisen. »Erwachsen« ist lustig, traurig, queer, wild und vor allem ein echter Nicolaisen. Von seinem ersten Lesebühnentext an, mochte ich diese Art des Erzählens, der Warmherzigkeit für die Figuren, denen er trotzdem ohne mit der Wimper zu zucken, schlümme Dinge in das Leben wirft – ich bin ein Fanboy. Der Mann schreibt zu wenig.
Das neue Jahr sieht mich bereits im Rückstand mit etlichen Rezensionsprojekten und ich habe auch noch diverse Bücher auf den SUBs, die ich letztes Jahr mit der festen Absicht erwarb, sie sofort zu lesen. Ich sollte einfach keine Rezi-Exemplare mehr annehmen.
Aber eher schaffe ich es wohl, an Gewicht, als an Lektüre abzunehmen.
Hier die Liste der Bücher aus 2019 in der Reihenfolge meiner Lektüre:
Ursula K. Le Guin – The Word for World is Forest
Philip Reeve – Krieg der Städte
Margaret Atwood – Der Report der Magd
Guy Endore – Der Werwolf von Paris
Hans-Arthur Marsiske – Die letzte Crew des Wandersterns
Michael Marrak – Quo vadis, Armageddon?
Michael Marrak – Im Garten des Uroboros
Angela und Karlheinz Steinmüller – Sphärenklänge
Elvis hat das Gebäude verlassen
Frank Duwald – Die grünen Frauen
C. C. Holister – Inferno für Anfänger
Hermann Melville – Mardi und eine Reise dorthin
Swantje Nieman – Masken und Spiegel
René Frauchinger – Riesen sind nur große Menschen
Aleš Pickar – Die zwölf Kronen
Emma Braslavsky – Die Nach war bleich, die Lichter blinkten
Philipp Multhaupt – Herrn Murmelsams Trinklieder
Theresa Hannig – Die Unvollkommenen
James Tiptree Jr. – Helligkeit fällt vom Himmel
Caroline Hofstätter – Das Ewigkeitsprojekt
Sabrina Železný – Feuerschwingen
Schneetrolle, Urlaubszwerge und eine Elfenprinzessin
Es ist recht warm und da hilft jedes bisschen Abkühlung, die man bekommen kann.
Also schwitzt nicht lange im eigenen Saft, rennt in die Buchhandlung eures Vertrauens und holt euch etwas Kühles! Mein Tipp: Orkpapa & die Zwerge von Rudolf Eizenhöfer.

Orkpapa & die Zwerge von Rudolf Eizenhöfer
Es ist bereits das vierte Kinderbuchabenteuer um den kleinen Ork und seinen Papa. Diesmal treiben es ein paar Urlaubsreife Zwerge ziemlich bunt in den winterlichen Bergen der Orks.
Und Orkpapa hat da noch etwas cooles im Keller …
Endlich wieder Zwerge und allein schon deshalb großartig. Ich hab’ mich riesig gefreut, als mir der Verlag Schwarze Ritter das Büchlein in meine Höhle sandte.
Und was musste ich dann mit Entsetzen feststellen? Ich hatte komplett vergessen, den dritten Band Orkpapa & Elfenprinzessin zu besprechen.
Seltsam, oder?

Orkpapa & Elfenprinzessin von Rudolf Eizenhöfer
Dabei ist auch dieser Band bezaubernd. Der kleine Ork lernt eine Elfenprinzessin kennen, die von zu Hause ausgebüchst ist, weil ihr Papa sich nicht um sie kümmert. Keine Frage, dass Orkpapa das spitzohrige Wesen schnellstens wieder loswerden möchte.
Wer sich aktiv gegen Vorurteile und Rassendiskriminierung in Fantasy und Kinderzimmer einsetzen möchte, kommt an diesem wichtigen Werk der Fantasypädagogik nicht vorbei. Wahre Heldeneltern kaufen eh und sowieso alle vier Bücher.
Noch ein paar Sätze mehr gibt es wie gewohnt drüben im Fantasyguide: Orkpapa & Elfenprinzessin und Orkpapa & die Zwerge von Rudolf Eizenhöfer.
Der Winter, aber keine Bahn wird kommen
Letzten Samstag waren wir auf der Leipziger Buchmesse. Ja, trotz Schnee und Minusgrade fanden wir hin.

LBM 2018
Zwar anderthalb Stunden später als geplant, aber immerhin hatten wir mehr Glück als viele Tausende andere.
In einer gerechten Welt würden jetzt Bahnmanager arbeitslos sein, in der Bundesrepublik werden ihnen die Kronerbschen von Mutter Merkel persönlich gepudert.
Aber weg vom ewigen Grauen, die Buchmesse zelebrierte das Buch und logischerweise widmete ich mich vor allem der Phantastik. Die wenigen Stunden vor Ort nutzte ich weidlich aus, eilte von Programmpunkt zu Programmpunkt und knipste ein paar Bilder.
Und die ganze letzte Woche kam ich zu nix, das ist auch der Grund, warum erst heute mein Messebericht im Fantasyguide online ging.
Darum auch hier kein großes Gerede, der Bericht enthielt all die vielen Bilder und um es kurz zu machen: Wir hatten Spaß und haben reiche Beute gemacht:
Mein schrecklicher Tod im Taschenbuch
Als dilettierender Lektorenbanause bekommt man leicht den individuellen Zorn der Autoren zu spüren. So bin schon zweimal literarisch ermordet worden. Doch ich werde nicht aufhören zu dilettieren!
Spaß hat’s ja doch gemacht, als ich mich auf der Richtstatt des Marktplatzes von Saramee wiederfand und während Kronn – der Held der Geschichte, vom Richtblock gerettet wurde, erging es einem gewissen Stain Bärg’Er schlecht.
Nun hatte der Erfinder von Saramee, Chris Weidler, die Idee, der Fantasy-Reihe neues Leben einzuhauchen und alle Kronn-Geschichten in einem Sammelband als Taschenbuch herauszugeben. Jedoch ist das Material recht umfangreich, sodass uns bald klar wurde, für einen Preis unter zehn Euro werden wir wohl zwei Bände daraus machen.

Cronn und der Atem des Todesvon Markus K. Korb und Martin Hoyer; Cover: Chris Schlicht
Obwohl ich die Geschichten, die jetzt im Sammelband »Kronn und der Atem des Todes« zu finden sind, alle bereits gründlich durchsah als ich vor ein paar Jahren die eBooks erstellte, fanden sich erneut ein paar Fehler. Es ist unglaublich, wie schwer es ist, fehlerfreie Texte zu erzeugen. Elfenwerk!
Wir haben uns entschieden, das Taschenbuch via amazons KDP zu veröffentlichen. Das klappte eigentlich ganz gut, jedoch lieferte die automatische eBook-Generation aus dem Layout-PDF ein grausames Ergebnis, sodass ich dann doch wieder zu Fuß das eBook via HTML-Seiten erstellte.
Für den zweiten Kronn-Sammelband sind wir dann gewappnet. Markus K. Korb hat für diesen dann auch extra ein neues Kronn-Abenteuer geschrieben, das sich gerade bei mir zur Sarameeisierung befindet. Die ersten Artikel in der Saramee-Wiki sind bereits ergänzt und einige neu erstellt worden. Da weht tatsächlich so etwas wie ein frischer Wind durch das Projekt.
Mal sehen, ob das Taschenbuch eine dauerhafte Belebung mit sich bringt, alleine kann man das jedenfalls nicht stemmen.
Wir haben Hunger, Hunger, Hunger!
Eine Woche ist es nun schon wieder her, da weilte Tad Williams im Festsaal Kreuzberg und stellte nach Jahren der Abstinenz einen neuen Osten-Ard-Roman vor.

Heimeilig ist das Tor zur Festsaalwelt
Beim letzten Mal hab ich ihn verpasst, besser mein innerer Schweinehund, deshalb kaufte ich mir gleich nach Bekanntgabe der Lesetour-Daten ein Ticket.
Der Festsaal ist zwar nicht groß, dennoch konnten die Veranstalter nur etwa 40 Fans motivieren, was schon schade ist, jedoch waren sowohl Moderator Bernhard Robben, der deutsche Vorleser Detlef Bierstedt und Tad Williams selbst professionell genug, einen bezaubernden Abend hinzulegen.

Detlef Bierstedt, Tad Williams und Bernhard Robben
Tad Williams selbst konnte nicht lesen, da er nicht nur sein Exemplar von The Witchwood Crown im Hotel vergaß, sondern gleich auch noch die Lesebrille. Auf deutsch heißt das Buch übrigens Die Hexenholzkrone.
So gab es zwei Lesungsblöcke von Detlef Bierstedt, der mit seiner markanten Stimme und der ganzen Kraft seiner Schauspielkunst keine Probleme hatte, das Publikum zurück nach Osten Ard zu locken.

Detlef Bierstedt
Zumindest jene, die schon mal da waren. Bisher konnte ich mich noch nicht entschließen, diese Fantasyreihe zu goutieren. Mein Fantum gründet auf die Otherland-Reihe, deren ersten drei Bände ich einst verschlungen habe (Band 4 war damals noch nicht erschienen). Trotz der ca. 3000 Seiten gehört Otherland mit vielen prägnanten Erinnerungen immer noch zu meinen Lieblings-SF-Werken.
Allerdings scheue ich vor einem Reread zurück, es sind schon vier dicke Brocken. Aber immerhin ist Band 1 jetzt signiert! Da ich direkt von Arbeit kam, mussten die anderen Bände zu Hause bleiben.

Tad signiert Otherland!
In der Fragerunde überzeugte Bernhard Robben durch eine gesunde Mischung aus Begeisterung und Wissensdurst. Er übersetzte ziemlich locker und fasste selbst längere Blöcke passend zusammen.

Bernhard Robben
Die vorgetragenen Textteile erregten mich jetzt nicht so, jedoch die Vorstellung von hungergeplagten Leichenriesen hatte schon etwas. Aber falls ich mal die eisige Luft von Osten Ard schnuppern möchte, werde ich mit dem Drachenbeinthron beginnen, den ich leider bei einer oberflächlichen Suche am Vorabend nicht finden konnte. Elfenwerk!

Tad Williams während der Fragerunde
Die Frau von Tad Williams war auch anwesend und beobachtete den Abend hinter ihrem Laptop um zu bloggen. Vermutlich stammen einige der Tweets und Retweets sogar von ihr, denn dort wird die Lesetour wirklich mustergültig begleitet und jede Meldung in den sozialen Netzwerken geteilt.
Seiner Frau kam auch eine große Rolle dabei zu, ihn wieder nach Osten Ard zu schicken, da sie ihn immer wieder frug, ob er denn nicht und so. Eines Nachts lag er dann im Bett und überlegte Gründe, warum nicht, als ihm eine Fortsetzung einfiel. So läuft das manchmal.
Das spielt nun also 30 Jahre später. Tad fand es ganz spannend, sich zu überlegen, was über einen so langen Zeitpunkt in der Welt von Osten Ard alles geschah und was aus den Figuren wurde. Als Anhaltspunkt nahm er sein eigenes Leben. Erfolg, zwei Frauen, Umzüge – da kommt etwas zusammen.

Ein sehr famoser Kerl: Tad Williams
Ich gestehe, dass Tad genauso sprach, lachte und augfunkelte, wie ich es mir vorgestellt habe. Vermutlich hab ich mal irgendwo schon mal eine Aufzeichnung gesehen oder sein Wesen beherrschte den Text. Obwohl – bei einer Übersetzung wird das schon schwierig. Wie auch immer, es war ein toller Abend. Ich habe Tad Williams live erlebt, konnte der Stimme von William T. Riker lauschen und selbst die Öffis hatten mal keinerlei Probleme.
Und alles gar nicht wahr!
Eigentlich bin ich ja auch ein Cloudverächter. Meine heiligen Daten einem Operator from Hell anzuvertrauen – dafür hab ich wohl schon einfach zu lange selbst Anwenderdaten verwaltet.
Und nun das.
Da beginne ich die Rezi zu Uwe Posts zweitem Walpar-Roman zu schreiben und will nur schnell die ID der Rezi des ersten Romans raussuchen – kein Treffer.
Panik.
Ich habs doch aber gelesen! Gut. Weil ich mich an nichts mehr erinnern konnte, hab ichs ja extra grad vor dem zweiten Band erneut gelesen. Aber da muss doch damals eine Rezi geflossen sein …
Nein. Nicht auf der Festplatte, nicht im Netz. Als ob das ganze Gelese überhaupt nicht existiert hätte! Alles gar nicht mehr wahr! /dev/null …
Doch puh, ich fand etwas. Damals nahm ich am Lesezirkel im SFN teil. Grad noch so dem Nichts enronnen …
Doch warum um alles in der Welt schrieb ich damals keine Rezi? Ich starre auf das Avatar-Bild in dem sieben Jahre alten Thread und erwarte irgendwie, dass es mir aus der Vergangenheit etwas zuflüstert. Irgendein Fluch lastet wohl auf diesem Buch. Keine Erinnerung, keine Rezi …

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes von Uwe Post, Cover: Si-yü Steuber
Aber damit ist nun Schluss. Flux schrieb ich die fehlende Rezi zu Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes.
Jedoch ging es mir ja eigentlich um den zweiten Band, Walpar Tonnraffir und die Ursuppe mit extra Chili.
Uwe Post ist bekannt für knackige SF-Kurzgeschichten in denen meist skurrile Figuren in wildgewordenen Realitäten seltsame Dinge erleben. Die Walpar-Romane sind etwas längere Formen davon. Walpar Tonnraffir ist ein Weltraumdetektiv, der diesmal durch Zufall über einen Außerirdischen stolpert. Der ist gerade auf der Flucht: Die ominösen Veranstalter haben ihn auserkoren, als Gewürz der Ursuppe eines Planeten zu dienen und obwohl er als Beamter begierig dafür sorgt, dass auf seinem Freudenmond alle Regeln eingehalten werden, zieht er das regelwidrige Überleben der Zerhäkselung vor. Hier nun kommt Walpar als Retter ins Spiel und damit erhält das Universum wieder einmal Gelegenheit, alles rasant durcheinander zu schütteln.

Walpar Tonnraffir und die Ursuppe mit extra Chili von Uwe Post, Cover: Si-yü Steuber
Das ist besonders ungesund für Banker auf Betriebsausflug oder Dealer in dunklen Gassen, aber zumindest haben Nera, Kerbil und ein bisschen auch Henriette, wieder ihren Spaß dabei. Und darum geht’s ja in erster Linie bei Uwe Post satirischem Tanz mit SF-Themen und Alltagsproblemen.
Uwe Post – das kleine bisschen Grauen vor der Zukunft für zwischendurch, präsentiert von ZischZitro.
Und damit mir das nicht wieder ein Elf aus dem Hirn brutzelt, meine Rezi in voller Hyperraumbreite wie (fast) immer im Fantasyguide: Walpar Tonnraffir und die Ursuppe mit extra Chili von Uwe Post
Lollis gab es keine
Vielleicht habt ihr schon das eine oder andere vom diesjährigen Lollapalooza in Hoppegarten gehört. Ein Musikfestival auf der Rennbahn nahe Berlin. Da das quasi bei uns um die Ecke ist, besorgten wir uns früh Karten.

Das Lollapalooza in Hoppegarten
Die Veranstalter hatten dann irgendwann die Bomben-Idee, dass man die Karten nachträglich personalisieren müsse. Die entsprechende Mail hab ich natürlich zunächst ignoriert, hatte ich doch drei Karten ausgedruckt und fertig. So wie immer.
Pustekuchen.
Jedes Ticket musste einen Namen haben. Aber nicht nur das. Für jede Karte brauchte man auch einen eigenen Account und obendrein eine eigene Mail-Addy. Keine Ahnung, wie das bei anderen Familien ist, bei uns bin ich dafür zuständig und so durfte ich den Quatsch natürlich dreimal machen. Samt Fakeaddys um die Mails an mich weiterzuleiten. Ob das jetzt Terroristen abschreckt? Mich auf jeden Fall.
Nunja. Der Busshuttle zum Eingang klappte tadellos. Am Eingang bekam man sein Bändchen mit Überwachungschip, den man zum kostenlosen Bezahlen nutzen sollte. Dafür musste man Geld auf den Chip laden. Klappte vormittags problemlos, nachmittags fiel ein Großteil der Kassen aus. Epic Fail. Noch dämlicher ist es, dass man denen zwar Bargeld geben kann, sie aber Restguthaben nicht auszahlen.

Elfenwerk
Service sieht anders aus. Die schmalbrüstigen Begründungen, warum bargeldlos so toll sei, glauben eh nur Manager die sich solche Systeme aufquatschen lassen. Lange Schlangen an Essensbuden und Getränkeständen gab es trotzdem, denn selten ist das Bezahlen der zeitaufwändige Part. Aber egal.
Es war ja trotzdem ein tolles Event. Das Festivalgelände bestand nicht nur aus kunterbunten Bühnen, es gab ein Riesenrad, Bespaßungsareale für Groß und Klein und Nahrungsmittel von gesundheitsschädlich bis ökovegan.

Das Lolla-Gelände am sonnigen Sonntag
Der Samstag stand für uns ganz im Zeichen von EDM – Electronic Dance Music. Von dieser Abkürzung hatte ich bis dato noch nichts gehört, aber Nachwuchs wollte sich das unbedingt geben. Unser erster Act war Filous, ein DJ, dem man seine zwanzig Lenze nicht ansieht und der sehr schüchtern wirkte, aber trotz Nieselregens die bereits sehr zahlreiche Menge in Tanzlaune versetzte.

Filous
Die von ihm verarbeiteten Songs kannte ich nicht. Was vor allem daran liegt, dass sie für mich ähnlich ununterscheidbar sind wie die aktuellen Automodelle. Das ändert auch kein neuer Beat. Zwischendurch kam klei auf die Bühne und sang ein paar Songs, sehr enthusiastisch und hipp.

klei
Überhaupt fiel mir auf, wie ausgelassen gerade auch die Mädchen abhotten und das mit Tanzbewegungen, die ich früher verwendete, um öde Songs zu veralbern. Es war nicht der letzte Moment des Tages, an dem ich mich vom Musikgeschmack abgehängt fühlte.
Sicherheitshalber hatte ich auf meinen neuen Fotoapparat verzichtet und die alte Kamera eingesteckt, da die auch in die Hosentasche passt. Lustigerweise konnte ich jetzt durch das Wissen über die Neue wesentlich mehr aus ihr herauskitzeln. Nur im Dunkeln zeigten sich ihre Beschränkungen und so gibt es hier nicht von allen Acts Bilderchen.
Aber weiter gings mit Drunken Masters, die noch mehr aufs Gaspedal traten und sogar ein/zwei Songs verwurstelten, die ich kannte.

Drunken Masters
Dann aber verließen wir den hippen Teil mir unbekannter DJs und eilten zu Wanda.

Wanda
Die Österreicher hatten keine Probleme, die Massen zum Toben und Mitsingen zu bewegen, exklusive Nachwuchs natürlich, der sich im falschen Film fühlte.
Weiter zu George Ezra.

George Ezra
Immer noch mit jugendlichem Charme und Schüchternheit moderierte er jeden Song an und schloss erwartungsgemäß mit »Budapest«, was so ziemlich jeden in beschwingte Stimmung versetzte.
Der Tross zog zu den Beatsteaks weiter. Geile Band, viele geile Songs, Wahnsinns live Stimmung. Berliner eben.

Beatsteaks
Musikalisch aber auf dem Rückzug, wenn man mal so vergleicht zwischen ihren Alben von vor zehn Jahren und dem aktuellen Brocken.
Wir verließen die Hauptbühne etwas früher Richtung EDM, da Nachwuchs Yellow Claw sehen wollte.

Yellow Claw
Für uns eine Stunde Folter. Ein paar Beats mehr und es wäre Techno gewesen, den ich schon in den 90ern hasste. Konsequenterweise ließen wir Nachwuchs dann dort, um sich Galantis alleine anzuhören, denn wir erhofften uns Erholung bei Mumford & Sons.

Galantis
Dabei kamen wir natürlich noch in den Genuss einiger Materia-Songs, wie »Lila Wolken« und »Kids«, sowie eines Auftritts als Marsimoto. Marteria war so in Feierlaune, dass er mit seinen Fans vor der Bühne noch tanzte, als der Ton schon längst auf Bühne 1 lag und sich Mumford & Sons in harmonischen Gesängen wälzten. Das ist Gute-Laune-Mucke und versöhnte uns mit dem EDM-lastigen Tag. Da wir schon etliche Stunden in den Knochen hatten, blieben wir nicht bis zum Schluss, holten den Nachwuchs aus seiner Buller-Ecke ab und ließen uns nach Hause shutteln. Offensichtlich rechtzeitig genug, um dem Heimreise-Chaos zu entgehen, von dem wir erst am nächsten Morgen hörten.

Die Sonne kam zum Untergehen
So aber waren wir noch rechtzeitig zu Hause, sodass wir die Last Night of the Proms noch sehen konnten. Ich mag dieses Event vor allem wegen der ausgelassenen Stimmung und wie die Britten hier nicht nur ihre Musiktradition feiern, sondern auch sich selbst. Es ist einfach tieftraurig, dass sie die EU verlassen.
Aber zurück zum Lolla. Nachwuchs wollte am zweiten Festivaltag nicht wieder mit, was uns das Musikprogramm etwas einfacher gestalten ließ.
Die Sonne begrüßte uns auf dem Feld und mit Bonaparte fing ein echter Festivaltag an.

Bonaparte
Coole Mucke, witziges Tanztheater und schrille Kostüme – Bonapartes Auftritte sind einfach irre. Wir legten uns auf die Wiese und genossen das herrliche Wetter und die nackten Leiber auf den Leinwänden.
Anschließend schauten wir kurz zu Django Django, die uns aber weder bekannt waren, noch begeisterten, also folgen wir der Empfehlung des Nachwuchses, Alma eine Chance zu geben.

Alma
Die junge Dame performte mit ihrer Schwester, wobei es auch Schwester im Geiste gewesen sein kann, so genau habe ich es nicht verstanden. Sehr quirlig und kraftvoll, mich hat es vor allem auch interessiert, weil mir der Chorus von »Bonfire« im Ohr hängen geblieben war. Würde mir jetzt kein Album kaufen, aber unterhaltsam war es auf jeden Fall.
In Vorbereitung auf unser Highlight zogen wir vor die Hauptbühne. Dort sang Anne-Marie.

Anne-Marie
Die junge Frau sah aus wie Madonna zu »Like a Virgin«-Zeiten, also wirklich süß, klang aber wie Miley Cyrus, gähn.
Während sich dann auf Bühne 2 Rudimental verausgabte, platzierten wir uns schön dicht vor der Hauptbühne und warteten auf AnnenMayKantereit. Und die waren großartig.

AnnenMayKantereit
Völlig überwältigt von der Masse mitsingbereiter Fans, gaben sie alles. Henning May hüpfte immer wieder euphorisch herum, setzte ein spitzbübisches Lächeln auf und sah einfach megasympathisch aus.

Für »Barfuß am Klavier« zog Henning auch die Socken aus
Unterstützung mit der Trompete erhielten sie erst von Ferdinand »Ferdi« Schwarz und später mit der Posaune von Julia Gruber, alles alte Bekannte der Band aus früheren Tagen.

Ferdi und Julia Gruber
Das letzte Lied bestritten sie mit der Höchsten Eisenbahn: Zehntausende sangen mit ihnen »Du hast den Farbfilm vergessen«. Henning konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als er sang »ich im Bikini«.

Volle Bühne
Das war stimmungsmäßig definitiv der Höhepunkt für uns.

Henning und Francesco Wilking
Da ich mir lieber London Grammar als Cro anhören wollte, eilten wir wieder zur alternativen Bühne.

London Grammar
Die Sängerin Hannah Reid singt wie ein Engel und gibt sich auf der Bühne auch so. Keine Ahnung warum ich noch keine Platte von ihnen im Schrank habe. Extrem himmlisch. Allerdings verführte sie die Ohren meiner Liebsten nicht im selben Maße, sodass wir bald wieder zurück wanderten, um für die Foo Fighters ein hübsches Plätzchen zu suchen. Dabei sahen wir noch etwas von Cro.

Cro schwebte rechts etwas erhöht.
Ich find ihn eher langweilig, aber er tut auch keinem weh.
Dann krachte es, die Welt erbebte und ein Sturm beförderte den Brandenburger Sand ins Universum: Foo Fighters. Meine Liebste konnte ein brauchbares Handyfoto knipsen:

Die Foo Fighters bliesen alles weg
Sie hatten viel vor und wollten jeden Shit von all ihren shitty Scheiben spielen und wahrscheinlich waren 80 % der Festivalbesucher nur wegen ihnen da, zumindest herrschten ihre Fan-Shirts deutlich vor. Kopfzertrümmernder Rock ist ein perfektes Festivalende.
Uns hat‘s gefallen. Nächstes Jahr findet das Lollapalooza im tiefsten Westberlin statt und wahrscheinlich werden wir trotzdem hinreisen. Ich hoffe bloß, dass die Veranstalter das dämliche Ticketsystem ändern und wieder Bargeld zulassen. Man braucht nicht jeden neuen Rotz, wenn das Alte fehlerfrei funktioniert – denn im Mittelpunkt steht die Musik!
Lolla!