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Des Nachts klopft Dunkles an die Tür
Nach durchgestürmten Herbstnachmittagen war es mir eine große Freude, wieder in den Prenzlberg zu ziehen und einer neuen Tresenlesung im Periplanata Literaturcafé beizuwohnen. Da ich früh genug erschien, konnte ich noch Verlegerin Mary Hallo sagen, die mit dem »Chef«, dem erstaunlich schnell gewachsenen Milchbart, kurz vor dem Sprung nach Hause und zu einem tollen Omelett mit Krümelkäse war.
Tresengast des Tages aber war Sascha Dinse, den ich nicht nur aus diversen phantastischen Veröffentlichungen, einer Lesung und einem Treff auf dem BuCon 2018 her kenne, sondern dem ich auch auf Twitter folge und so immer mal wieder einen Blick in seine Arbeit als Autor erhaschen konnte.
Er las natürlich aus seinen »Krassen Kurzen« vor, dunkle und oft phantastische Kurzgeschichten, deren Länge konstant limitiert ist und so einer strengen Regel unterworfen sind, die Sascha zu meistern weiß. Allerdings setze er für den zweiten Band der »Krassen Kurzen« die Grenze ein klein wenig herauf, da er beim Schreiben dann doch spürte, dass die Fesseln zu straff saßen.
Der wie immer zum Plaudern aufgelegte Gastgeber Tom Manegold kramte einen passenden Texte und ein Gedicht aus seinem umfangreichen Schaffen hervor und bebilderte so den düster untermalten Abend mit seinem eigenen Alpträumen vor dem Scrolldesaster.
Sascha mag es es, seine Geschichten mit versteckten Eastereggs zu schmücken, über die er auf seinen Twitch-Lesungen und für seine Patreon-Unterstützer·innen die Hintergründe aufdeckt. Zudem gibt es im zweiten Band der kurzen Krassen Fortsetzungen zu einigen der Geschichten aus dem ersten und auch im dritten Band wird es derartige Verkettungen geben. Sie sind sogar ganz leicht zu identifizieren, da sie in jedem Band an gleicher Stelle anhand des Inhaltsverzeichnisses zu finden sind, so der Autor. Ob das bei unterschiedlicher Anzahl der Storys auch stimmt, muss man schon selbst herausfinden.
Ich zumindest holte mir Band zwei nun auch endlich.
Es wurde viel geredet und leider forderte irgendwann das frühe Aufstehen seinen Tribut und ich musste müde in die Dunkelheit hinaus. Aber natürlich halte ich wachsam das Eventprogramm des Verlages im Auge – also bis zur nächsten dunklen Lesungsnacht!
Der lange Weg zurück
Nach anderthalb Jahren konnte ich gestern endlich wieder zu einer in natura Lesung gehen! periplaneta startete diesen Monat wieder das TresenLesen und wer den tieftraurigen Blogbeitrag von Tom Manegold, Wir sind Helden, gelesen hat, wird wissen, was diese Lesereihe für den Verlag, das Café und die Held·innen dahinter bedeutet.
Mir war es tatsächlich egal, wie das Programm aussah, Hauptsache wieder eine Lesung!
Vorgestellt wurde ein Buch aus der neuen Hardcover-Reihe des Verlags: Liberdade von Theresa Rath.

Es geht um eine junge Medizinstudentin aus München, die in einer für sie toxischen Beziehung lebt, ohne es zu merken, und erst durch einen Brasilienurlaub lernt, wer sie ist, wo sie herkommt und was das mit ihr macht – soweit mein Inhaltseindruck nach der Lesung.
Rollenbilder in Deutschland und Südamerika spielen ebenso eine wichtige Rolle, wie Liebe, Sex und Drogen – in Summe überhaupt nicht mein Lektüreinteresse, aber die Autorin hat wunderbar vorgelesen und vermittelte einen angenehmen Schreibstil. Das Ganze mit etwas Phantastik gewürzt und ich wäre Zielpublikum.

Der Abend wurde von Tom moderiert, der das Buch auch lektorierte und so entwickelten sich immer wieder schöne Dispute zwischen Theresa und ihm über Content Notes, Machismo, Privilegien und die Bedeutungslosigkeit von Sondierungen in Anbetracht existentieller Nöte.

Ich hab das alles einfach nur genossen und bin immer noch sehr glücklich, da gewesen zu sein. Bitte macht weiter!
Kapitalistische Ubermacht
Mein bester Freund reist demnächst nach Argentinien, um dort ein paar Wochen zu wandern. Deshalb wollte er sich vorher noch einmal treffen und natürlich sollte der Abend nicht nur etwas in den Magen, sondern auch etwas ins Hirn bringen. Als offizieller Kulturbeauftragter unser Beziehung schlug ich den Besuch einer meiner Lieblingsveranstaltungsorte vor: Das Periplaneta-Literaturcafé in der Bornholmer Straße.

Dort amtiert ja seit 20 Monaten ein neuer Chef und wie das bei diesen jungen Hipstern so ist, brachte er Verlag und Belegschaft nicht nur auf Trab, sondern auch durcheinander, sodass es jetzt Freitags das TresenLesen gibt.

Das ich das eh mal probieren wollte, zuckelten wir also nach dem leckeren Koreaner-Besuch am letzten Freitag dort hin.
Der Abend stand unter dem Zeichen der periplaneta-Edition SubKultur, drei der dort veröffentlichten Autoren stellten ihre Werke vor, darunter auch mit einer Buchpremiere.

Verleger Tom Manegold gab den Barkeeper, wie er selbst es nannte, der unterbezahlteste Job im Gesundheitswesen, und zugleich wies er auf die Unschärfe des Konzeptes TresenLesen hin, da ja der Tresen während der Lesung für die Zuhörenden gesperrt ist.

Zunächst wurde ein Jingle eingespielt und dann traten auf: Joost Renders, Christian Schmitz und Kristjan Knall. Letzterer hatte keine Robbe, sondern eine Fellmütze auf dem Kopf, wegen der die Heizung runtergedreht wurde.

Den Anfang machte Christian Schmitz, der schreibende Taxifahrer. Mit schönem Berliner Dialekt trug er seine Geschichten aus dem Leben vor. Mit seinen Fahrgästen erlebt er viel und er führt eine Statistik über die Anzahl der wirklich schlimmen Leute, die in seine Taxe steigen . Entgegen den Vermutungen beträgt sie nur 0,3%. Wären es mehr, würde ihm sein Beruf auch gar keinen Spaß mehr machen. Es hat seine Erlebnisse und Gedanken auch zu Buch gebracht: »Der Fuchsflüsterer vom Zeltinger Platz«, na klar in der Edition SubKultur erschienen. Seine Alltagsgeschichten präsentierte Christian Schmitz mit linker Gesinnung, dem Herz auf der Zunge und Spitzen gegen ausbeuterische Fahrdienste.

Danach wurde per Moralomat ein Thema für den Lesebühnenabend bestimmt. Heraus kam: »Freundschaft ist schließlich echt daneben.« Quasi Hass, wie festgestellt wurde. »So erschließt sich langsam das Konzept und alle glauben, dass wir es einfach so geplant haben.«, merkte Tom an.
Thematisch passend durfte dann Kristjan Knall ans Mikrophon, der schon diverse satirische Rant-Bücher veröffentlichte, darunter »Neukölln – Ein Elendsbezirk schießt zurück«, aus dem er auch vorlas. Tom präsentierte später dann auch das Cover zu Knalls nächstem Werk: »Heldenhass«, das zur Buchmesse erscheint.

Die Texte sind teils sehr böse, nicht unbedingt lustig und mit viel Spaß an der Provokation. Was zum Motto »Da kri’st ja ’nen Knall« passt.
Es ist »[…] Satire mit Fußnoten. Also wenn man denkt, so’n Scheiß kann man sich nicht ausdenken, dann wird einem in diesem Buch aufs Butterbrot geschmiert, dass das alles wahr ist.«, stellte Tom den Autor vor. »Es ist übrigens die Hölle, ihn zu setzen, weil es gibt da dreizeilige Fußnoten … es ist so ähnlich wie Pornogucken, wo man gucken muss, ob man die Seite verbieten darf.« Ein Verlegerleben ist echt nicht einfach.
Der Dritte im Bunde, Joost Renders, präsentierte in einer Buchpremiere Episoden aus Berlin in »Hop On Hop Off«. Das orangene Cover stellte eher unbewusst den Hollandbezug her und verwies auf den Migrationshintergrund des Autors. Das Cover gewann übrigens sehr durch das Ausweichen auf einen professionellen Grafiker, wie Tom durch eine kleine Bilderserie der früheren, von ihm selbst erstellten, Versionen demonstrierte.

Joost Renders las aus verschieden Teilen des Romans und daraus ergab sich ein sehr skurriles Kaleidoskop unseres geliebten Hauptdorfes.
Nach der Pause verloste die Tresengemeinschaft zunächst seltsame Getränke und die Stimmung wurde immer lockerer. Jeder las noch weitere Texte vor, selbst Tom stürmte ans Mikrophon und rezitierte seinen Text »Berlin am Meer«, den ich schon irgendwann mal hier gehört hatte.

Das TresenLesen SubKultur-Special endete mit donnerndem Applaus und wir zogen in die milde Vorfrühlingsluft des Prenzlauer Berges.

Ohne Käse biste Neese
Noch ein paar doch recht schwierigen und damit langwierigen Werken flutsch die Lektüre momentan bei mir ganz gut und der Rezensionsberg schmilzt langsam ab.
Im Schmelz schwimmt nun auch »Käsablanca« von Stefan Goebels aus der wunderbaren »Edition Drachenfliege« des periplaneta Verlages.

Im Klappentext steht bereits alles, was man vor dem Lesen über den schrecklichen schrägen Inhalt wissen muss und daher zitiere ich ihn hier mal:
Eigentlich wollte Lava Rougette ihrem Freund Floyd nur einen Denkzettel verpassen. Dass er gekidnappt und lebendig in einem Käse begraben wird, war nicht ihre Absicht. Während sie sich also auf den Weg zum Käsepalast macht, hobelt Floyd sich einen Weg aus seinem Sarg. Doch das ist nur der Anfang seiner Heldenreise: In den käsigen Gängen wimmelt es vor mordlustigen Clown-Zombinen, die nur ein Ziel haben: ihn! Wie gut, dass ihm plötzlich Lola und die Schimmelpriester zur Seite stehen.
Und Lava Rougette? Die erlebt mit den Cheezern und jeder Menge psychoaktivem Parmesan ihren ganz eigenen Trip. Doch wer steckt dahinter? Warum passiert all das? Wie kann man aus dem Laib entkommen? Wie kommt man rein? Und ganz wichtig: Ist noch etwas von dem Käse da? Und warum macht dieser Käse so glücklich?
Ihr seht, es steckt da eine ganz irre, dystopische Welt mit Horror-Elementen und seltsamen Figuren drin. Bei mir hat es ein paar Kapitel gedauert, bis ich erkannte, dass der Roman lustig sein will und ein paar mehr, bis ich ihn auch wirklich lustig fand. Ich hätte den Klappentext vielleicht doch vorher lesen sollen, wie ihr das grad hoffentlich tatet. Wenn man wie ich unbeleckt hineinspringt, könnte Ratlosigkeit und ein leichtes Befremden eintreten. Aber wenn der Humorgroschen gefallen ist, wird’s nicht nur heftig, sondern auch cool.
In meiner Rezi zog ich den Vergleich mit der Horror-Komödie »Zombiland«, denn auf sie wird in »Käsablanca« nicht nur direkt referenziert, sondern ich fand ihn zunächst auch nicht lustig. Nur im Unterschied zu »Käsablanca« änderte sich das bei dem Film bis zum Schluss nicht.
Stefan Goebels schlug mir in »Käsablanca« jede Menge Käse-Witze und –Wortspiele um die Ohren, vermischt mit satten Horror-Elementen und wirklich nur die dicksaftige Käse-Fassade trennt den Roman von einer typisch zynischen Dystopie. Das muss man mögen und sich darauf einlassen. Wenn man das aber macht, erlebt man jede Menge Gaudi – und ich musste mich grad massiv zwingen, keinen Käse zu schreiben. Wortspielereien sind ja eine kleine Liebe von mir.
Das Phantastische an der Edition Drachenfliege und der Grund, warum ich aus ihr alles blind probiere, ist: Die Bücher überraschen sehr, sehr oft mit skurrilen Ideen, krassen Figuren und unvorhersehbaren Plots. Das periplaneta-Team hat da ein ganz wunderbares Händchengewimmel für einzigartige Geschichten. Kann man gar nicht oft genug drauf hinweisen.
Also folgt Floyd durch den Käse und rennt an seiner Seite mit Schimmelpriestern, Agent Orange und Lola um euer Leben und holt euch endlich einen Parmesan-Riegel aus dem Kühlschrank. Oder besser zwei.
Bis der Chef ans Mikro drängt
Bereits am Freitag fand die zehnte »Nacht der Drachenfliege« im Literaturcafé Periplaneta statt.

Obwohl ich da eigentlich immer hingehen will, klappte es erst zum zweiten Mal. Die Lesungsreihe steht ganz im Zeichen der Drachenfliege, denn die Libelle ist das Maskottchen der »Edition Drachenfliege« des periplaneta Verlags, der in ihr vor allem Phantastisches veröffentlicht. Meist schräges Zeug zwischen Urban Fantasy und Märchen – ich denke, seit dem Start der Edition hab ich so ziemlich alles gelesen, was in ihr erschien.

Am Freitag standen deshalb auch keine Unbekannten im Scheinwerferlicht, zumindest für mich nicht.
Verleger Tom Manegold eröffnete den Abend gewohnt charmant lavierend und machte dem Publikum den Ausfall der musikalischen Begleitung schmackhaft.

Mitten in seine Begrüßung platzte der wahre Chef des Verlages auf den Armen seiner Mutter, der Autorin und Verlegerin Marion Alexa Müller, herein.

Konstantin heißt der Knirps und durfte nach der Pause auch ins Bettchen gehen, jedoch nicht ohne seine Künste am Mikro präsentiert zu haben.
Den Anfang des kulturellen Teils bestritt Jesko Habert. »Tiefsommer« gehörte zu meinen großen 2018er SF-Freuden und das dürfte jetzt der vierte Abend gewesen sein, an dem ich Auszüge aus dem Roman lauschte. Er las zunächst aus dem Fantasy-Teil des Romans und nach der Pause aus dem anderen, etwas anderen Teil. Ohne zu spoilern kann man da leider nichts weiter verraten.

Ans Mikro trat dann Swantje Niemann. Die junge Autorin arbeitete als Assistentin im Verlag, ihre High-Fantasy Trilogie »Drúdir« erscheint aber nicht dort, sondern in der »Edition Roter Drache«. Drúdir 2, »Masken und Spiegel«, erwarb ich schon auf der LBM und extra für den Abend hab ich’s auch endlich zu lesen begonnen.

Allerdings nutzt Swantje die »Nacht der Drachenfliege« lieber zur Vorstellung von nicht so ernsten Texten und trug deshalb eine weitere Story um ihre lebendig gewordene Comicfigur vor, die mit den Entscheidungen ihres Zeichners nicht immer zufrieden ist. Ob ihr aber bei ihrer Rache der Cyber-Hoodie eines seltsamen jungen Pubertierenden helfen wird?
Aus dem fernen Wedding bei Moabit reiste Brauseboy Robert Rescue an. Ein Lesebühnenveteran, der mit dem »Intimitätendieb« vor einigen Jahren einen recht coolen Urban-Fantasy-Roman in der »Edition Drachenfliege« unterbringen konnte.

Er deutete an, dass sich das Ganze zu einer Serie um den Geisterjäger aus dem Wedding ausgewachsen hat, die er exklusiv für die »Edition Drachenfliege« verfasst. Die neueste Folge wurde durch die TV-Serie »Good Omens« inspiriert und handelt vom Besuch Klaus Pelzers in der WG der vier apokalyptischen Reiter. Die logischerweise im Wedding wohnen und mit Umweltverschmutzung, der ehemaligen Pest, ihre Nöte haben.
Ein weiterer, herrlich schräger Text, der hoffentlich auch einmal gedruckt erscheint.
Als Stargast des Abends und literarisches Finale des ersten Teiles wurde André Ziegenmeyer eingeführt. Sein quadratisches Bändchen »Igor Mortis« dürfte eines der ersten, oder sogar das erste Werk der »Edition Drachenfliege« gewesen sein, dass ich rezensierte. Aus heutiger Sicht sehr martialisch rezensierte.

Seither gab es diverse kleine Bände mit Texten und Gedichten im periplaneta Verlag, jedoch landete bisher keiner davon in meinen Händen. Es sind auch eher Anekdoten und typische Lesebühnentexte. Witzig und pointenreich, aber in life natürlich wesentlich vergnüglicher, denn der Mann ist ein großartiger Vortragskünstler und Quatschmacher. Ein wichtiges Utensil wartete bereits den ganzen Abend auf seinen Einsatz.

Eine Art Dampfradio mit Nebelgenerator und Blitzkugel, aus dem er mittels Tastatureingabe kleine Sound- und Teaserschnipsel unters Volk brachte und das unter dem Namen Hermann, die Geschichtenmaschine berühmt werden dürfte. Quasi das Tool für ein Live-Hörspiel. Als Kaffeemühlenpraktikant zum Ankurbeln der Maschine fundierte Tom.
Nach einem kurzen Einblick in das Gehirn André Ziegenmeyers, wo ein Kopfgnomkumpel mit Quietschehammer hämmert, konnte André als noch gar nicht so alter Papa zudem auf einen großen Fundus lustiger autobiografischer Geschichten um seine Tochter Mathilda zurückgreifen, die auch in seinem jüngsten Quadrat »Der auf der Kuh surft« zu finden sind. Da ging es etwa um die Keksgeldkrise.

Mit Hilfe Hermanns konnten wir dann in die Tiefen der Bollywoodbegeisterung des Autors eintauchen, was uns alle pausenreif glücklich machte.
Frisch gestärkt überredete Tom dann sein Apfelbrett, einen Kurzfilm zu zeigen, der eigentlich als Einstimmung für Andrés ersten Part gedacht war, weil darin eine Kuh mitspielt. »Mobile« von Verena Fels ist ungemein knuffig und sollte unbedingt weggeguckt werden!
Während sich DER Chef endgültig verabschiedete, durfte Jeskos seinen zweiten Lesungsteil begehen.

Wie gesagt, ohne zu spoilern, ist darüber nichts zu berichten, außer, dass das Buch lesenswert ist und Jesko das atmosphärisch vortrug.
Tom stellte dann noch kurz das aktuelle Programm der »Edition Drachenfliege« vor, von dem ich bereits »Inferno für Anfänger« von C. C. Holister gelesen und auch schon rezensiert habe. Auf dem SUB liegen noch Philipp Multhaupts zweiter Erzählungsband »Herrn Murmelsams Trinklieder« und »Käsablanca« von Stefan Goebels, das ich sofort nach »Drúdir 2« wegknuspern werde.

Slawische Mythologie aus einem Youtube-Video inspirierte Swantje zu ihrer zweiten Geschichte. Der Klimawandel hat Berlin zu einer Küstenstadt gemacht und die Welt führt einen unbarmherzigen Klima-Krieg.

Robert berichtete dann von seinen Erfahrungen mit Let’s Play-Videos und was ihn daran stört. Vor Schrott muss man eben wütend warnen. Seine fein ziselierten Ausführungen sprachen mir aus der traurigen Erfahrungstiefe. Tom fand es gruselig, wie viele aus dem Publikum an bestimmten Stellen lachen konnten. Ja, es gibt spezielle Probleme jenseits der Klimakrise …

Tom nutzte die Gelegenheit, um Bilder des Grafikers Holger Much vorzustellen, der auch für das Cover des »Intimitätendiebes« verantwortlich zeichnete.

Danach sprang André auf den Zug des Erfolges und fuhr mit einen Mathilda-Geschichten fort. »The Walking Dead« behandelt die Probleme des väterlichen Biorhythmus’ in der Elternzeit, »Die schönste Geschichte der Welt« und »Sternenzicklein« vertieften unsere Bekanntschaft mit der fantasievollen Welt Mathildas und der beiden Ziegen Alice und Cooper.

Zum Abschluss gab es noch eine Story aus »Ententanz und Armageddon«, mit der wir eine Apokalypse, verkündet im Supermarkt, als Live-Hörspiel begleiten durften.
Es war erneut ein großartiger Abend der Phantastik, ich kaufte Bücher, trank gutes Bier und lauschte magischen Geschichten. Ob ich es zur Elften »Nacht der Drachenfliege« in den Prenzlauer Berg schaffe? Bisher spricht nichts dagegen. Möge kein Elfenwerk zwischen uns geraten!
Einmal Hölle mit Schnuckel und Energydrink
Wenn der Stapel ungelesener Bücher überhüfthoch angewachsen ist, vergisst man schnell einmal, sich regelmäßig um all jene Bücherquellen zu kümmern, die da jenseits der Bücherwände munter sprudeln. Etwa die Edition Drachenfliege aus dem Hause Periplaneta. Von dort schwammen in der Vergangenheit regelmäßig schräge Fantasywerke in meinen Lesehafen und so war ich hoch erfreut, als sich die Verlegerin mit einer virtuellen Flaschenpost in Erinnerung brachte. Drei Bücher landeten alsbald bei mir und ich erwählte »Inferno für Anfänger« von C. C. Holister für den ersten Stapellauf.

Das Buch um zwei frischgebackene Dämoninnen klang spannend und versprach mittels Augment Reality ein ganz neues Lesevergnügen.
Nun ist das Buch durchaus spannend, lustig und vor allem frech, aber eben auch recht anstrengend, wenn man nicht direkt zur Zielgruppe gehört. Ja, ich gebe es zu, schnuckelige Dämonmänner interessieren mich nicht die Bohne und auch Gespräche unter Frauen über sie reißen mich nicht instant vom Hocker. Aber ich bin mir sicher, dass sich C. C. Holister durch ihre Geschichten-Reihe »Demon’s Diaries« eine treue Fangemeinde erschrieben hat, die das Prequel um Cay und Mia weitaus mehr zu schätzen wissen.
Das mit den Augment Reality erwies sich im Übrigen als schwer zu handhaben.

Da ich meist in der S-Bahn lese, wollte ich nicht ständig mit dem Handy über dem Buch hantieren, um mir den zusätzlichen virtuellen Inhalt anzeigen zu lassen. Ich hab es mir dann hinterher zu Hause angeschaut und ja, es macht Spaß, aber mit nur zwei Händen ist es zu unhandlich, um mich wirklich zu überzeugen.

Also insgesamt war das Buch nicht so meins. In meiner Rezi für den Fantasyguide gehe ich mehr auf den Inhalt ein: »Inferno für Anfänger« von C. C. Holister
Der tiefste Sommer
Dass der Dezember einer der schnellsten Monate des Jahres ist, liegt nicht nur an Weihnachten, sondern vor allem an den vielen Terminen, die plötzlich aufploppen.
Alles kann man gar nicht machen, aber manche Veranstaltungen sind dann doch so verlockend, dass ich die Weihnachtserschöpfung beiseite fege. Damit ich nicht kneifen konnte, erzählte ich dieses Mal meinem besten Freund davon, der sich gern überraschen lässt und eisern zu allem mitkommt, was ich so heraussuche. Bisher ging das auch immer gut …
Wozu konnte ich also nicht Nein sagen? Zu Jesko Haberts Lesungsprojekt mit der Band Sommertag, von dem er damals bei seiner Buchvorstellung im Periplaneta-Literaturcafé erzählte.

Tiefsommertag – eine geniale Verbindung
Das ganze fand in Kulturhaus Karlshorst statt. Vermutlich im Februar 2005 waren wir schon einmal dort, damals noch im Altbau, und sahen »Die Narrenschaukel« – Eine literarisch-musikalische Revue von Gerhard Branstner. Ich hatte den alten DDR-Banausen und SF-Autor kurz vorher für SONO #6: Funny Phantastik interviewt und schleppte meinen Freund und seine Freundin zu diesem nostalgischen Abend.
Es floss viel Rotwein in jener Nacht …
Leider riss der Krebs die erlebnishungrige Frau aus unserer Mitte. Aber dadurch wurde uns beiden der neuerliche Besuch im Kulturhaus zu etwas Besonderem.
Der Neubau besitzt zwar einen Galerieeingang zum Kulturhaus an der Treskowallee, der eigentliche Eingang befindet sich jedoch im Innenhof und führt ins Hinterhaus.

Der Eingang zum Kulturhaus
Der Veranstaltungsraum mit gemütlicher Größe bietet neben Bühne und Bar etwa Platz für 30-40 Menschen und füllte sich auch erfreulich gut.
Altersbedingt und nach einem langen Arbeitstag ließen wir den Wein dieses Mal eher tröpfeln, aber wir waren ja auch des Gesanges wegen gekommen.
Jesko hatte Teile des Romanes Tiefsommer mit der Band Sommertag so aufbereitet, dass sie mit verteilten Rollen vorlesen und Lieder einbinden konnten. Dafür hatten Inke und Birdy eigene Songs umgeschrieben und sogar für das Projekt neues Material geschaffen.

Birdy, Inka und Jesko
Da Inke inzwischen in Halle studiert, konnten die drei nur ein Wochenende zum Proben nutzen. Jesko warf ein, dass sein letztes Projekt daran zerbrach, dass er nach Halle zog und er fand es erwähnenswert, dass Halle nun schon wieder dazwischenfunkt.

Birdy
Birdy spielte Gitarre, Inke kämpfte mit ihrer neuen Melodica (ich hoffe, ich hab die Namen korrekt zugeordnet) und Jesko setzte seine ganze charmante Slammer-Erfahrung ein.

Inka und die Melodica
Besonders in den Rap-artig vorgetragenen Lyrik-Teilen des Romans entwickelte sich ein ungeheurer Flow, der sowohl perfekt zur Handlung passte, als auch die Beziehungen der Figuren hervorstellte. Die anderen Lieder passten sich nicht weniger harmonisch ein.

Inka
Inka konnte bei der Bearbeitung der Szenen ihr Sprach-Studium einbringen und dadurch entwickelte sich eine schöne Dynamik. Interessant fand ich, wer sich welche Rollen aussuchte. Die Interpretation der Figuren spiegelt die Leseerfahrung wider, wobei Birdy beichtete, den Roman erst vor kurzem beendet zu haben.

Der Jesko
Auch lichttechnisch bot Jesko wieder die ganz große Atmosphäre auf. Es gab natürlich Orange und nach dem Bruch in der Handlung wechselte das Licht zu Blau.

Blaue Stunde
Man muss den Roman schon lesen, um das Ganze zu verstehen. Genügend Exemplare hatte Jesko dabei und man konnte sich auch in eine Liste einschreiben, um nach Fertigstellung das Begleitalbum von Sommertag erstehen zu können.

Mit der Gitarre in den tiefsten Sommer
Es war ein kurzweiliger Abend, der durch seine Intimität und Begeisterung erblühte. Das Projekt geht nach dieser Premiere auf Tour. Geht hin, es lohnt sich!

Der Himmel über Berlin hat orangene Sphären …
Wenn sich mein bester Freund das nächste Mal einen Kulturabend wünscht, werd ich da ganz schön suchen müssen, um zumindest etwas gleichwertiges zu finden.
Aber eigentlich hat das bisher immer geklappt. Irgendwas geht in Berlin ja immer.
Die Karawane der Belesenen
Ein kleiner Blogartikelstau möchte aus der Aufschiebe-Ecke abgeholt werden.
Na dann mal los!
Am letzten Wochenende fand bereits zum fünften Mal die Berliner Buchmesse Buch Berlin statt. Nach zwei Jahren in Neukölln reiste die kleine Messe einmal quer durch die Stadt nach Moabit und fand einen Unterschlupf in einem Hotel, das zu einem Einkaufszentrum gehört. Ich war hier noch nie.

Erst gut mit Buch
Man musste den Eingang des Einkaufszentrums benutzen und meine Erwartungshaltung sank rapide, als wir die Rolltreppe Richtung Asia-Imbiss nahmen. Die Messeräume selbst befanden sich im Hotel und erfüllte solide ihre Zwecke, allein die Garderobe erwies sich als deutlich zu klein kalkuliert.
Die Buch Berlin ist geprägt von engagierten Kleinverlagen und Selbstveröffentlichungen vor allem aus dem Fantasy-Bereich, queere Literatur und bezaubernde Kinderbücher.
Die Säle und Räume erwiesen sich als gut gefüllt, wobei ein Großteil der Leute allerdings Namensschilder trugen und dementsprechend wohl AusstellerInnen waren.
Es fanden sich jede Menge alte Bekannte vom Verlag ohneOhren, über Art Script, Amrûn, periplaneta bis hin zu Sternensand und der Edition Roter Drache. So traf ich denn auch die aufgekratzte Swantje Niemann, schaute kurz bei der Lesung von Anja Bagus vorbei, beäugte Christian von Asters bedeutsames Umhereilen, sah Ann-Kathrin Karschnick mit Laurence Horn herumherzen und erwischte Torsten Low beim Stimmungsaufhellen.

die aethärische Anja Bagus

Christian von Aster und Markus Heitkamp

Ein Horn und eine Fee

Mira Valentin zeigte Flügel

Jesko Habert und Sarah Strehle am periplaneta-Stand

Swantje zog strahlend durch die Gänge

Torsten Low und Claudia Rapp planen Projekte
Da ich Fantasy eher am Rande lese, suchte ich nach Science-Fiction, was auf der Buch Berlin erfahrungsgemäß nicht ganz so einfach ist. Jedoch erwarb ich ein Paläo-SF-Werk eines zeichnenden Autors und bin schon gespannt, wie es sich lesen wird.

Robert Rittermann hielt die Fahne der SF hoch
Meine Liebste hingegen wurde beständig angesprochen und konnte sich als Volltreffer der Zielgruppe auch gleich drei Bücher mit nach Hause tragen lassen und bestimmt tausendmal entwich sie mit einem deutlichem Zögern. Kein Wunder, dass wir etliche Stunden auf der Messe verbrachten.

Samy Hale verführte zum Buchkauf
Auch die fünfte Buch Berlin hat sich also für uns gelohnt. Es wuselten wieder sehr viele begeisterte Autorinnen und Autoren herum. Spannende Projekte versprachen viel und begleiteten bunt ein wunderbares Bücherwurmgewimmel. Und natürlich konnte ich auch einige Bilder für die AutorInnenseiten des Fantasyguides knipsen.

Spannendes Projekt Divoisia
Solche Erlebnisse helfen dann doch, das deprimierende Versumpfen in einem Drecksgroßraumbüro halbwegs zu überstehen.
Orange in the Sky with Cucumber
Endlich bot sich wieder einmal die Gelegenheit in das Periplaneta Literaturcafé in der Bornholmer Straße zu gehen.
Jesko Habert feierte dort die Buchpremiere von Tiefsommer, das ich ja schon vorab lesen konnte und auch besprach.

Das Literaturcafé Periplaneta
Da ich über pünktlich war, konnte einige Worte mit Swantje Niemann wechseln. Die Autorin arbeitet gerade die letzten Tage der Semesterferien im Periplaneta Verlag und erzählte mir ganz begeistert von ihrem Studium und wie es mit ihrer Steampunk-Trilogie um Drúdir weitergeht. Auf Band 2, der im Frühjahr 2019 erscheinen soll, freu ich mich schon. Allerdings versprach Swantje, dass er etwas andere Schauplätze beinhalten würde und sie erst im dritten Band (2020) zu Themen des ersten Bandes zurückkehren wird.

Swantje Niemann
Dann entspann sich eine kurze Diskussion mit Swantje und Verleger Tom Manegold über die Meinungsschwemme in den sozialen Netzwerken, angeregt durch einen Blogbeitrag von Philipp Multhaupt.
Jesko Habert wartete da schon auf seinen Einsatz. Die Bühne glühte in einem herrlichen Orange, um den Himmel in Tiefsommer darzustellen. Tom hoffte auch, das weiche Licht verdecke Falten. Cleverer Schachzug.

Faltenfrei: Tom Manegold
Leider konnte die Coverzeichnerin Nicole Altenhoff nicht anwesend sein, aber wir erfuhren, welche Diskussion die spezielle Gurkenform des Zeppelins auf dem Cover auslöste.

Die Cover-Postkarte von Nicole Altenhoff zu Tiefsommer
Als musikalische Begleitung hatte sich Jesko den Sänger Arnold »Juri« Meijer von der Band Unknown In August eingeladen, der mit kraftvoller Stimme zarte Songs präsentierte.

Arnold »Juri« Meijer
Dazwischen las Jesko zunächst Passagen aus dem ersten Teil von Tiefsommer vor.

Jesko Habert
Später sogar in lyrisch bearbeiteter Form, da er demnächst mit der Gruppe Sommertag eine Tour starten will, auf der unter dem Namen Tiefsommertag vertonte Texte des Romans aufgeführt werden. Dadurch ergaben sich ganz neue, intensive Texte, die mehr das Innenleben der Figuren betonten.
Als letzten Text präsentierte er eine solcherart veränderte Passage aus dem zweiten Teil, was dann doch einige Überraschungen auslöste.
Zwischendurch plauderte Jesko auch über die Entstehung des Romans. So beruhen die Figuren auf Märchen, die er den beiden Töchtern seiner Cousine erzählte. Eines davon wurde sogar veröffentlicht: Pepe und der Pups-Roboter. Als er auf einem Wanderurlaub einen Freund von diesen Geschichten erzählte, deren Hintergrund auch ökologische und soziale Probleme sind, fragte der Freund ihn, was die Kinder aus den Geschichten wohl in 15 Jahren machen würden. Eine Guerilla-Truppe gründen? So wurde die Idee zu Tiefsommer geboren.

Jesko in Plauderlaune
Im Frageteil stellte Jesko fest, dass er am liebsten in der Hängematte schreibt, eine Fortsetzung von Tiefsommer nicht geplant ist und der Verleger jetzt zum ersten Mal erfahren darf, dass ein neuer Roman fast fertig sei.
Zum Abschluss verabschiede Tom im Namen des Verlages Swantje, die als Lektorin und Projektleiterin nicht geringen Anteil an Tiefsommer hat.

Swantje im Jubelsturm
Nach der Lesung kam ich ins Gespräch mit jener Cousine, deren Töchter Muse und Anregung der Tiefsommer-Figuren waren und erfuhr den Inhalt der anderen Märchen. Erstaunt stellte ich fest, dass viele der Details im Buch, die mir seltsam unbenutzt erschienen, plötzlich ihren Sinn bekamen. Es waren Bestandteile der alten Kindergeschichten und darum gibt es etwa die Lichterzwerge, die Lucio zur Seite stehen.
Wenn Willegoos die noch unveröffentlichten Kindergeschichten nicht bringen mag, könnte Periplaneta einspringen. Interessant wäre es schon. Über den Inhalt werde ich solange schweigen.
Zum Signieren ließ sich Jesko viel Zeit und verwendete ganz Stilvoll einen Füllfederhalter.
Dieser zusätzliche Schub an Hintergrundinfos, eine tolle Lesung, schöne Musik und die Gespräche mit Swantje bescherten mir einen ganz exorbitant schönen Abend.

Man zahlt, um zu gehen, in die Künstlerkanne