Startseite » Beitrag verschlagwortet mit 'Thorsten Küper'
Schlagwort-Archive: Thorsten Küper
Lass uns rennen, Baby!
Es liegt hier ein hoher Stapel mit Anthologien und Kurzgeschichtensammlungen herum, den ich langsam abarbeiten will. Was nicht ganz so reizvoll ist, wenn man den Anspruch hat, darüber dann eine ausführliche Rezension zu verfassen, aber im Kampf für die gute Geschichte sind Opfer von Nöten!
Nach ihrer viel gelobten Anthologie Gamer aus dem Jahre 2016 ließen André Skora, Armin Rößler und Frank Hebben die nächste folgen: »Elvis hat das Gebäude verlassen«.
Als Thema lässt sich ein alternatives 1957 ausmachen. Bedingungen scheinen gewesen zu sein, dass typische Klischees der 50er auftauchen sollen, aber technologische Unterschiede zu unserer Wirklichkeit Fuß- und Angelpunkt der Geschichten sind.

Das führt zu einigen Parallelen im Plotinventar, wie das Diner, das Rennen mit heißen Maschinen und ein Wunderstoff, der Supertechnologien ermöglicht. Zwei Autorinnen und neun Autoren, darunter Mitherausgeber Armin Rößler, fanden dennoch recht unterschiedliche Themen, die sie mit den Baukastenteilen versorgten.
Ich bin kein Fan der 50er, vielleicht liegt es daran, dass mir nur eine Geschichte aus »Elvis hat das Gebäude verlassen« wirklich gut gefiel. Die Geschichten sind zwar alle gut und auch größtenteils toll erzählt, jedoch enthält das Buch keinen wirklichen Kracher.
Warum ich Thorsten Küpers »Belichtungszeit« etwas aus dem Rest hervorhebe, mag daran liegen, dass ich seine inszenierte Lesung in Second Life miterleben konnte und sie mir dadurch doch recht plastisch im Gedächtnis haftete.

Das geht mir immer wieder mit Sachen des Küperpunks so. Lesungen können die Leserbindung wirklich nachhaltig beeinflussen. Wenigstens hat er jetzt endlich seinen KLP, für »Confinement«, dass ich natürlich auch in SL live hörte und sah.
Wer mehr über die Antho wissen will, kann meine mühsame Arbeit einer ausführlichen Rezension im Fantasguide bewundern: Elvis hat das Gebäude verlassen hrsg. von André Skora, Armin Rößler und Frank Hebben
Im Schatten des großen Haufens
Derzeit läuft in Second Life das eBook-Event der Brennenden Buchstaben, das ich nun schon seit Jahren besuche. An etlichen Frühlingswochenenden gibt es diverse Lesungen aus allen literarischen Bereichen, dargeboten auf großartigen Bühnen ambitionierter SL-Künstler und Künstlerinnen.
Ich freute mich wie Gimli in Helms Klamm als mich BBE-Chef Thorsten Küper frug, ob ich nicht auch etwas lesen und den Fantasyguide vorstellen möchte. Dachte schon, er kommt nie!

Offizielles Poster vom Kueperpunk
Mit Texten aus den letzten beiden Fantasyguide-Anthos im Gepäck machte ich mich also auf den Weg zu meinem PC und versuchte, eine Stunde lang nicht zu sterben.
Meine erste Story, Amtsfreuden aus Am Ende des Regens von 2014, behandelt einen Tag aus dem Leben eines Briefträgers, der für außerirdische Eroberer arbeitet. Die Riesenameisen gaben BukTom Bloch auch die Gelegenheit für seine sehr treffende Gestaltung des Lesungsortes in Second Life. Am Himmel schwebte ein Ameisenhaufen, die anwesenden Avatare konnten sich auf kleine Haufen setzen, es gab einen Briefkasten und einen Briefträger mit Trumpgesicht. Herrlich!
Das tollste war, dass mir BukTom zwei Leseanimationen baute, sodass mein Avatar während jeder Geschichte das passende Buch in der Hand hielt. Ich liebe dieses Detail!

Mein SL-Avatar während der Lesung
Die Sprache kam über eine extra-Software, da der SL-interne Voice-Server Ärger machte und ich musste die gesamte Zeit meine Push-to-Talk-Taste gedrückt halten, was beim Umblättern akrobatische Höchstleistungen erforderte.
Die zweite Story, Verführerische Düfte aus der 2017er Antho Der letzte Turm im Niemandsland, passte nicht mehr ganz ins Zeitfenster, aber die Saramee-Geschichte bot einen schönen Cliffhanger und vielleicht reizt das ja zum Erwerb der Antho.
Gestern wurde ich auch endlich mit ihrer Fortsetzung für die nächste Antho fertig.
Als die Lesung zu Ende, der Applaus durchgescrollt und ich megafertig zum Kühlschrank für eine Gerstenkaltschale hüppte, hätte ich die Welt aus den Angeln heben können. Vorab war ich dann doch sehr aufgeregt und die Erleichterung hinterher überschwemmte mich mit Glück.
Wenn das BBE 2018 durch ist, werde ich wieder einen Bericht verfassen. Dieses Jahr konnte ich ein paar Veranstaltungen mehr besuchen und schon jetzt bin ich hin und weg von der Vielfalt der Texte und Bühnenbilder. Es gibt meines Wissens nach in Deutschland nichts Vergleichbares.
BukTom hat meine Lesung übrigens mitgeschnitten. Zunächst hört man etwas Vorgeplänkel, die eigentliche Lesung beginnt etwa bei zehn Minuten.
Kein Mitleid für Karl!
Dass es kein einfacher Abend werden würde, war mir von Anfang an klar.
Am Sonntag las Bernhard Giersche aus seinem Buch Kampf dem Karl
Karl ist der Krebs, der ihm im August diagnostiziert wurde und dem er nun Monat für Monat Lebenszeit abringt. Dass Bernhard darüber schreiben kann, ist ein großes Glück für Betroffene, für uns alle.
Das Bühnenbild passte Miara Lubitsch exakt nach Bernhards Wünschen an, Kirsten und Thorsten Küper fuhren selbst nach Lippstadt und führten die Lesung direkt aus Giselas und Bernhards Wohnzimmer durch.

Bernhard Giersche
Seraph Nirvana und die Villa unterstützten den Abend durch einen Livestream bei Youtube.
Bernhard verlor zunächst ein paar Worte zum Bühnenbild. Es geht um Tod, Sterben, Krebs. Der Tod ist integraler Teil des Lebens, ist überall, kann uns jederzeit treffen. Das alles symbolisiert das Bühnenbild mit den schwarzen Schemen und den vielen rumwuselnden Krebsen.
Natürlich stand die Frage im Raum: Wie geht’s Bernhard? Jetzt ganz gut, erklärte er. Nervös wegen der Lesung, vor allem weil er der Protagonist ist. Bernhard war erstaunt über die Anzahl der Interessierten – mit ihm waren 28 Avatare anwesend, über hundert verfolgten den Live-Stream.
Die Schmerzen sind im Griff, aber die Krankheit ist eine Achterbahnfahrt.
Die Lesung stellt etwas Besonderes dar. Bernhard hat sehr früh via Facebook gepostet und dort über seine Krankheit berichtet.
Sein Bericht vom ersten Tag, vom Weg aus der Praxis nach Hause mit dem irrsinnig erscheinenden Umweg über die Tanke um Brötchen und Zigaretten zu kaufen – ein Alptraumtag.
Bernhard suchte die Öffentlichkeit, weil er den Schwätzern Wind aus den Segeln nehmen wollte. Er hat’s nicht bereut, auch wenn ihm nicht klar war, was er damit losschlug. Es ist ein Ventil für ihn, über Dinge zu schreiben, die einen belasten. Eine Möglichkeit, Dinge die einem passieren Revue passieren zu lassen. Aber Reaktionen in diesem Umfang hatte er nicht erwartet.
Und was bewirkt das Buch? Er stellte fest, dass solche Themen tabuisiert werden, selbst Betroffene hadern damit. Bernhard hat die Hoffnung, etwas in Gang gesetzt zu haben, im Kleinen, dass die Betroffenen sprechen können.
Aus den Einträgen bei Facebook, aus der ganzen Scheiße ist sein drittes Buch entstanden: Kampf dem Karl.
Bernhard las uns zunächst die ersten beiden Einträge vor, reine Tagebucheinträge, in Form gebracht von Heidi Christina Jaax, der Herausgeberin des Buches. Thorsten Küper präsentierte dann noch eine erste Pressemeldung, bevor Bernhard weiterlas.
Es gibt schon einen zweiten Band, ein dritter ist ein Wunschtraum.
Wer Bernhard life erleben möchte, kann das am 15.11.2017 im Kulturhospital Atelier Udo Tschorn, Hospitalstraße 8, in Lippstadt tun.
Karl ist kein leichter Gegner, aber er bekommt bis zu Letzt Gegenwind.
Es war ein schwerer Abend, man denkt schnell an all die eigenen Verluste, erinnert sich an all die anderen Kämpfe. Aber das Zuhören ist wichtig. Niemand sollte allein kämpfen müssen.
Brennender Mai
Wenn die Brennenden Buchstaben zum eBook-Event laden, freue ich mich inzwischen sehr darauf. Die Lesungen in den virtuellen Welten des Second Life bieten nicht nur interessante Geschichten, sondern dazu auch noch ein sehr kreatives Umfeld.

Viel Platz für Kreativität
Zu jeder Lesung wird von erfahrenen Künstlern ein passendes Bühnenbild entworfen, es gibt Utensilien zum Benutzen, passend zur Story, Musik- und Soundeffekte und vor allem immer wieder auch die Möglichkeit, selbst etwas beizusteuern.

Zur Lesung von Hexenherz gab es passende Hüte und Zylinder
Vermutlich kann man sich so etwas nur schwer nachvollziehen. Sich abends an den Rechner setzen, Kopfhörer auf, Gerstenkaltschale bereit halten, einloggen und los geht’s.
Die Lesungen in SL sind nicht meine ersten Erfahrungen mit virtuellen Events, in jedem MMO trifft man irgendwann auf Rollenspiel und Dinge wie Bardenkonzerte oder Hochzeiten.
Aber Lesungen in SL sind mehr als das, sie sind eine ganz eigene Bühne und bieten die Möglichkeit, Menschen mit Spaß an Literatur, egal welcher Gattung, in einem angenehmen Umfeld zu verbinden, die sonst etliche Kilometer trennen.

Anschlagtafel am brennenden Theater
Daher besuche ich sie gern, nehme die für mich WASD-Fanatiker verelfte Steuerung hin (man muss ja nicht viel laufen) und erfreue mich an meist völlig unbekannten Autorinnen und Autoren.
Falls es mal Probleme gibt, hilft die SL-Community sofort, besonders Thorsten Küper ist stets hilfsbereit zur Stelle. Außerdem liest er mit sehr viel Verve und Mut zum Schauspiel.
Da Mai-Wochenenden selten dazu auffordern, still starr hockend im dunklen Kämmerlein zu bleiben, konnte ich dieses Jahr nur sechs der fünfzehn Veranstaltungen besuchen:
Monika Loerchner las aus ihrem Fantasyroman Hexenherz – Eisiger Zorn, Regina Schleheck stellte ihren erschreckenden Roman über Der Kirmesmörder – Jürgen Bartsch vor, Frederic Brake, den ich schon öfter in SL erleben konnte, las und spielte mit dem Kueperpunk zusammen die Zombi-Romanze Eleonore, Newbie Andreas Zwengel präsentierte Ausschnitte aus seiner Serie Der zweite Krieg der Welten und Jennifer B. Wind spendierte eine Rundschau ihres Schaffens.

Auf Du und Du mit Tripods während der Lesung von Andreas Zwengel
Zum Abschluss gab es noch einen Megakracher: Glaszsphäre. Eine Kunstinstallation auf eine Kurzgeschichte von Thorsten Küper, angerichtet mit dem animierten Design von Moewe Winkler und fein abgeschmeckt mit sphärischer Musik von Michael K. Iwoleit, der dieses Wochenende wohl doch seinen Deutschen Science Fiction Preis auf dem DortCon abholen wird.

In der Glaszsphäre
Ausführlich berichte ich drüben im Fantasyguide: Das E-Book Event der Brennenden Buchstaben 2017
Jede Menge Fotos gibt es bei BukTom Bloch, zu dessen Lesungen ich leider nicht konnte.
Schaut euch das mal an. Ich verlinke den Einsteigerguide vom Küper und rate euch, diese Erfahrung einfach mal zu machen. Es ist kein Kinderkram, kaum geekig, sondern Kunst, Spaß und ziemlich (Buzzwortalarm!) entschleunigtes Literaturvergnügen. Von Liebesgeschichte, über SF, Fantasy und Horror bis zu Krimi und Gegenwartsgeschichten wird in Lesungen, Theaterstücken und Installationen alles geboten. Ganz ohne Parkplatzsuche.

Jeder findet Platz im Brennenden Theater
Das nächste Event kommt bestimmt, mögen euch die Pixel gewogen sein!