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Familie is knorke
Ein milder Februarabend lud am Samstag zu fröhlicher Familienunterhaltung ein. Was könnte dafür besser geeignet sein, als mit Freunden und Nachwuchs zu einer Knorkator-Sause in die Columbiahalle einzukehren?
Knorkator begleiten uns nun schon seit Jahrzehnten und tatsächlich erschien auch gerade das zehnte Studio-Album der Köpenicker Lokalkapelle. Spätestens nach dem dritten Hören hatten sich etliche der Songs im Hirn festgekrallt und da sie meist mitgröhlfreundlich geschnitten sind, fällt es nicht schwer, über das Event hinweg heiser zu werden.
Vor Beginn des Konzertes wurden auf einer Video-Leinwand diverse Songeinlagen der Muppet Show gezeigt, was sich zu einem grandiosen Finale steigerte: Muppets und Publikum schwelgten in der Bohemian Rhapsody von Queen, ein mittlerweile weltweit von Bands praktizierter Aufwärmmechanismus, nur meist ohne Muppets.
Sodann erklommen The Hirsch Effekt aus dem fernen Hanover die Bühne und Lautsprecher und bliesen zum gutturalen Hallihallo.
Knorkator dann präsentierten sich in wilder Spiellaune und ich bin starr vor Ehrfurcht, dass Stumpen am zweiten Abend hintereinander auf der Bühne herumtollt, als gäbe es kein Alter.
Aber er konnte sich zumindest gesangstechnisch immer wieder ausruhen, da seine krass groß gewordene Tochter Agnetha mit irrer Stimme etliche Parts übernahm und etwa Nach Unten allein bestritt. Sie saß zudem die meiste Zeit auf der Bühne und spielte die Gelangweilte, sang aber bei sehr vielen Songs mit.
Auch Alfs Nachkomme Tim Tom durfte mitwirken, zunächst als Besenschwinger und dann bewies er, dass er diverse Stimmlagen in Deathmetalsound beherrscht und auch Böse ist.
Knorkator sind eben eine Familienband für die gesamte Familie. Es kamen natürlich jede Menge Hits, aber auch ein schöner Querschnitt aus dem neuen Album. Wer zu Knorkator geht, bekommt ein fröhliches Durchpusten von Hirn und Ohren, sowie wunde Füße.
Außer Stumpen natürlich.
Die Eleganz der Dankbarkeit
Seit 25 Jahren machen Tocotronic nun schon Musik und etwa 20 davon habe ich bewusst mitverfolgt. Mir fielen sie auf mit »Die Welt kann mich nicht mehr verstehen« von ihrem dritten Album Wir kommen um uns zu beschweren. Eine schnelle, verrückte Nummer, die sich mir sofort ins Hirn brannte. Es war die Zeit der norddeutschen Bands und ihre Songs bildeten eine befreiende Abwechslung zu Eurodance und Techno.

Tocotronic im Lensflare-Fieber
Über die Jahre und Alben hinweg fraßen sich die inzwischen vier Jungs durch diverse Stilrichtungen. Sänger Dirk von Lotzow versorgte die Tracks mit beachtenswerter Lyrik, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie Parolen und Phrasen irgendwie mühelos und geschmeidig integriert. So könnte man meinen, ein Tocotronic-Konzert sei die perfekte Plattform für Publikumsgesang und Statements. Aber erstaunlicherweise ist dem nicht ganz so, wie ich am gestrigen Zusatzkonzertabend feststellen durfte.
Zunächst konnte aber Ilgen-Nur mit ihrer Band die Columbiahalle vorheizen.

Ilgen-Nur
Die Sängerin hat eine beeindruckend kraftvolle Stimme, die mit besseren Songs mehr zur Geltung käme. Vielleicht sollte sie auch lieber auf Deutsch singen. Aber ich werde versuchen, mir den Namen zu merken, da könnte etwas Größeres kommen.
Tocotronic präsentierten in ihrer Stammbesetzung in einem minimalistischen Bühnenaufbau.

Rock pur
Dirk von Lowtzow sang und spielte diverse Gitarren, der ewig junge Jan Müller zupfte den Bass, Arne Zank liebkoste sein Schlagzeug während Rick McPhail lässig professionell mit seiner Gitarre auftrat. Der Rest des Sounds kam von zwei verdeckten Seitentischen. Letztlich sorgten drei Gitarren und ein Schlagzeug für einen dampfenden Rock-Abend.

Dirk von Lotzow
Die Stimmung im Saal war zunächst nicht überbordend, eher erwartungsvoll. Hier standen viele Fans und wollten ihre Band hören, nur in der vorderen Hälfte des Runds begann sich alsbald ein kleiner Moshpit zu bilden.
Dirk von Lotzow übte sich in großen Gesten und eloquenten Ansagen, denen man auf jeden Fall Freude und Bewegtheit anmerkte, zumal sich das Publikum schnell erwärmte.
Das mit dem Mitsingen hielt sich jedoch in Grenzen. Vielleicht, weil es nicht allzu viele Schlagwortsongs auf die Setliste schafften. Das Potential spürte man bei »Aber hier leben, nein danke!« vom 2005er Album Pure Vernunft darf niemals siegen – auch schon wieder dreizehn Jahre alt.
Der Opener war wie erwartet aber der Titelsong von Tour und aktuellem Album »Die Unendlichkeit«. Mit Sternenhimmel und blauer Beleuchtung definitiv ein dräuender Beginn, der eigentlich sofort klarstellte, dass Tocotronic zwar mit einigem grauen Haar erschienen, aber weiterhin zeitlos gut in Form sind. Nicht wie ich, der nur paar Tage älter ist als Dirk von Lotzow und sich darüber freute, das Unendlichkeitsshirt nun endlich in der XXL zu bekommen.
Von Unendlichkeit gab es dann auch insgesamt mehr Songs zu hören als von den anderen Platten, das Album dominierte den Abend aber nicht. Vielmehr war die Mischung bunt, es gab »Letztes Jahr im Sommer«, »Let there be Rock«, »This Boy is Tocotronic«, »Hi Freaks«, »Kapitulation«, »Sag alles ab«, »Macht es nicht selbst«, »Bitte oszillieren Sie«, »Zucker« »Wie wir leben wollen« und noch mehr niemals alten Kram zu hören. Zwölf Alben bieten eben eine riesige Auswahl an Songs.

Unendlichkeit für zwei Stunden
Während das Meiste wuchtig dahingerockt wurde, sang Dirk von Lotzow »Unwiederbringlich« ganz allein nur von sich selbst begleitet. Umso breiter wirkte der Sound der folgenden Tracks, einfach nur Rock für ein ganzes Universum.

Die Stars des Abends
Nach zwei Zugaben wurden wir dann eine milde Frühlingsnacht entlassen, die Unendlichkeit in mir.
Schwarze Laternen
Vor einem Jahr stellte Gisbert zu Knyphausen in der Union-Schlosserei die ersten Rohfassungen von Songs für sein neues Album Das Licht dieser Welt vor. Es war ein intimes Konzert, Gisbert war sich der Wirkung der Songs noch unsicher.
Ganz anders das Konzert am Freitag in der Columbiahalle.

Gisbert zu Knyphausen am 12.01.2018 in der Columbiahalle
Wegen der Nachfrage musste es aus dem Huxleys dorthin verlegt werden, wodurch auch wir noch Karten bekamen und es war voll.

Yippie Yeah
Die Vorband Yippie Yeah überraschte mich durch starke Texte; vielleicht schau ich mir die mal näher an.
Mit einer großartigen Band stellte Gisbert die neuen Songs sehr professionell auf die Bühne. Es ist ja immer eine große Freude, Bläser zu erleben und hier krachte und säuselte die Musik genau an den richtigen Stellen. die Instrumentierung kam sehr gut zur Geltung und im Nachhinein höre ich jetzt auch bei der Plattenaufnahme die Posaune im Hintergrund quaken oder brummen.

Blaues Licht, was sonst?
Ein intimes Konzert ist natürlich immer schöner, aber andererseits scheint Gisbert mehr Raum für die eigene Präsenz zu haben, kann mehr aus sich und mehr in die Songs bringen. Zumindest ich hatte das Gefühl, das er sich mehr hineinwarf.

Das Plattencover gab ein wunderschönes Bühnenbild ab
Trotzdem spürt man irgendwie immer noch, dass er sehr stark am Tod von Nils Koppruch zu leiden hatte. Die neuen Songs mögen zwar teilweise froher klingen, der Tod und die Einsamkeit strecken aber deutlich ihre Köpfe hervor und singen lauthals mit.

Cover von Das Licht dieser Welt
Es bleibt Novembermusik, Winterblues, egal wie rockig es wird, Gisberts Stimme schwingt in Melancholie – zumindest in den deutschsprachigen Songs. Die beiden englischen Titel sind lockerer, perlen munterer und dringen nicht so tief unter die Haut, so sehr sie es auch versuchen.

Spielten wunderbar zusammen
Ein Klasse Konzert und wieder Gisbert als Auftakt des Konzertjahres, ich finds großartig.
Traurig hingegen macht mich der Tod von Dolores O’Riordan.

Bury the Hatchet
Sie ist ein halbes Jahr jünger als ich gewesen, unfassbar. Die Cranberries waren so eine Band, die nach einem tollen Album oft ein schwaches brachten. Bury the Hatchet aus dem Jahr 1999 gehört zu meinen Lieblingsalben und wenn ein Song zu dieser miesen Todesnachricht passt, dann Saving Grace. Ich konnte sie live erleben und noch heute wird mir ganz schummerig bei Linger. Jetzt werden mir wohl immer Tränen kommen.
Nee, ich!
Wenn eine Kleinkunstkapelle wie Knorkator einen neuen Tonträger auf die Massen ihrer Fans wirft, folgt sie selbst auch bald. Zum Abschluss ihrer Ich bin der Boss-Tour gab sich die Meiste Band der Welt in der Columbiahalle die Ehre. Das altehrwürdige Hause wurde gleich zweimal hintereinander ausverkauft, wie es sich eben für die heimatlichen Gefilde gehört.

Ich bin der Boss – Knorkator
Altehrwürdig ist auch die Band, was man bereits bei der ersten Vorband deutlich zu spüren bekam. Denn Frontmann von Black Monster Truck ist kein anderer als Alfs gerade noch klitzekleiner Sohn Tim Tom. Die sympathische Schülercombo gab gepflegten Ghscore zum Besten, samt Growling und ordentlich Saft auf den Saiten. Den stolzen Papa sah man kurz selbst im Publikum, wie er vergnügt den Gig verfolgte.

Black Monster Truck
Aus dem wilden Osten Berlins stammt auch Tschaika 21/16, die Gitarre und Schlagzeug wurden durch eine Trompete ergänzt hatten. Der Trompeter baute zunächst einen kleinen Turm aus Holzklötzchen, bevor er ziemlich versiert in das musikalische Geschehen eingriff. Das wilde Gemisch aus Rock, Stoner und Noise schrammte stets ganz nah an öder Textlastigkeit vorbei und verwirrte die Menge doch ein wenig.

Tschaika 21/16
Knorkator selbst geben ja bereits seit Zehntausendjahren Konzerte und ich habe noch keines erlebt, das auch nur irgendwie langweilig war. Die Jungs haben eine unendliche Anzahl von Songs, deren Refrains sich gnadenlos laut durch den Saal schreien lassen.
Von der neuen Platte ist ist das natürlich zunächst einmal der Titelsong Ich bin der Boss. Als die Menge ein letztes Mal diesen gängigen Slogan brüllte, beendete Stumpen den Song mit einem markigen »Nee, ich!«
Zu Zähneputzen, Pullern, Ab ins Bett! holte er sich einen Milchbart auf die Bühne, die sich aber auf einen Stuhl setzen musste, als Buzz Dee grinsend feststellte, dass der Kleene größer als Stumpen war.
Überhaupt ist es immer wieder eine Freude, Stumpen in Action zu erleben. Der Mann ist fitter als ein Turnschuh, hat die Menge stets völlig im Griff und blastert jeden seiner Songs mit Kraft und prolligem Feinsinn hinaus. Er ist sich für kein noch so irres Outfit zu schade und meistert selbst Paukenschläge auf den Kopf mit breitem Grinsen.

Auch die Band setzte sich hin
Sie spielten noch diverse andere Songs der neuen Scheibe, zu Setz Dich hin, mussten wir uns tatsächlich hinsetzen, was in der Bier triefenden Columbiahalle kein ganz so großer Spaß war. Aber angesichts einer doch beachtlichen Anzahl etwas älterer Fans, stand man bald wieder Gelenke krachend auf. Insgesamt aber gab es eine große Altersdurchmischung, selbst die durchtrainierten Pogohüpfer fehlten nicht.
Als wir uns durch frenetischen Jubel die Zugabe verdient hatten, gab es dann weitere Hits aus dem riesigen Repertoire samt Böse, Ficken und natürlich Weg nach unten.

Stumpen im Feuerrad
Kurz, es war ein phantastischer Konzertabend, Knorkator sind einfach die Meisten!