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Projekt Buchpreis – Teil 7
Im Zug auf dem Weg zum BuCon beendete ich Susanne Röckels Vogelgott.

Der Vogelgott von Susanne Röckel
Der Roman ließ mich etwas unzufrieden zurück. Meine beiden Hauptkritikpunkte sind die unbefriedigende, beziehungsweise fehlende Auflösung des Ganzen und die mangelnde Akzentuierung der unterschiedlichen Figuren. Stilistisch rührte die Autorin quasi einen Einheitsbrei, zwar sehr stimmungsvoll und in klassischer Manier, aber eben eine einzige Stimme für vier unterschiedliche Perspektiven.
Vielleicht aber ist das auch so gewollt, um die Individualität der vier zu negieren? Ich weiß es nicht. Genauso schwer fällt mir eine grundlegende Interpretation der Handlung. Alles dreht sich irgendwie um eine Art Fluch, die zum Schwinden des Vaters und seiner Kinder und deren Kinder führen soll. Dahinter steht irgendwas mystisches, vielleicht Böses, vielleicht aber auch Fortschrittliches zwischen Prometheus und Jesus. So richtig sah ich nicht durch.
Bis auf einige langwierige Stellen im Mittelteil las sich das Buch aber dennoch sehr flüssig. Fast atemlos folgte ich den verschiedenen Stadien von Obsession und Kontrollverlust. Wenn nur irgendwie ein Ziel der Handlung erkennbar gewesen wäre.
Also insgesamt dicht an einem tollen Phantastikwerk vorbeigeschrammt.
In Bezug auf meine Vorurteilscheckliste gibt es erneut null Punkte!
Gestern versuchte ich auch gleich, Archipel der Buchpreisträgerin Inger-Maria Mahlke zu erwerben. Dafür erkor ich mir die Buchhandlung Kommedia in der Marheineke Markthalle in Kreuzberg, vis-à-vis des Otherlands.
Es war ausverkauft. Dennoch frug ich den Buchhändler Lutz Stolze über die Bedeutung des Buchpreises für seinen Laden. Er würde schon etwas bringen, weil die Menschen sich nach der medialen Aufmerksamkeit richteten, egal ob das Buch nun gut oder schlecht sei. Der Preis sei eben eine Marketingmaßnahme und für ihn zumindest funktioniert sie.
Ich werde nächste Woche wieder vorbeischauen, dann dürfte eine Lieferung mit Exemplaren eingetroffen sein.
Da ich eh ins Otherland musste, um mir die Karte für die heutige Lesung von Cixin Liu abzuholen, nahm ich gleich den neuen Doctorow, Walkaway, mit. Cory liest am 05.11. im Wasserturm Kreuzberg und es wurde einfach Zeit, dass ich was von ihm lese.
Zum Schluss noch der Verweis auf meine Rezi: Der Vogelgott von Susanne Röckel
Körperprobleme
Mein schriftliches Abitur in Physik war ein Desaster. Zu keiner Aufgabe konnte ich eine Fragestellung erkennen. Ich schrieb also einfach irgendwelche Formeln aus dem Tafelwerk ab und ging nach einer Stunde frustriert. Die Vier musste ich dann in der mündlichen Prüfung ausbügeln.
In der Tat ergeben sich für waschechte PhysikerInnen Probleme aus Dingen, die ich komplett übersehen würde. Beim Dreikörperproblem kann ich mich zumindest damit herausreden, dass es mir in Natura so noch nicht begegnet ist, auch wenn das Leben mit drei Kindern durchaus chaotisch sein kann.
Insofern war ich tatsächlich gespannt, ob ich mit The Three-Body Problem etwas anfangen kann. Auf Deutsch heißt es etwas unverfänglicher Die Drei Sonnen. Entgegen meiner Befürchtung wurde der Roman tatsächlich aus dem chinesischen Original und nicht aus dem englischen Bestseller übersetzt.

Die drei Sonnen von Cixin Liu; Cover: Stephan Martinière
Das Dreikörperproblem spielt in dem Roman eine große Rolle. Zunächst als mathematisches bzw. astrophysikalisches Rätsel und etwas später als Problem einer Alienkultur, von der wir in den Folgebänden wohl noch mehr erfahren werden.
Der chinesische Autor Cixin Liu erklärt das Problem zwar auch via physikalischem Kurzvortag aber am anschaulichsten sind die Auswirkungen auf ein solches System mit drei Sonnen in einer Art Computerspiel innerhalb des Buches dargestellt.
Eine der Hauptfiguren, der Forscher für Nanomaterialien Wang Miao, erlebt im VR-Spiel Three Body, wie die Lebewesen auf einem Planeten damit zurecht kommen müssen, dass die Bahnen der Sonnen chaotisch verlaufen und es immer wieder zu längeren Zeiträumen kommt, da Leben unmöglich ist. Je nach Dauer einer für Leben zuträglichen Periode, entwickeln sich Zivilisationen und versuchen logischerweise Methoden zu entwickeln, die miesen Zeiten rechtzeitig zu erkennen.
Tja und genau dafür müsste man das Dreikörperproblem lösen.
Aber der Roman hat neben diesem Hard-SF Anteil auch noch einen anderen, irgendwie exotischen Part. Cixin Liu verknüpft das Schicksal seiner Figuren eng mit der chinesischen Geschichte. So erfahren wir im Vorübergehen einiges von den Wunden und Verletzungen der Kulturrevolution, die das Leben und die Zukunft mehrerer Generationen von Chinesen massiv veränderten. Auch wenn sich der Autor gegen eine politische Intention wehrt, ist er Literat genug, von Dingen zu schreiben, die er beobachtet hat. So fließt seine Lebenswirklichkeit in die Zeilen und erzählt uns dann doch eine ganze Menge.
Der Roman ist teilweise sehr unterkühlt, da die Figuren irgendwie immer auf Distanz bleiben und vermutlich gehört das zu Mentalität. Mir hat das trotzdem sehr gefallen und ich werde die Trilogie weiterlesen. Hier noch der Verweis auf meine Rezi: Die drei Sonnen von Cixin Liu