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Die Entmännlichung der Mythologie

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Immer wieder gern verfolge ich das phantastische Programm der Edition Drachenfliege aus dem Hause Periplaneta. Um auch nix zu verpassen, lümmele ich immer mal wieder auf deren Homepage herum und so konnte ich deren neuesten Streich nicht verpassen. Zwar schon zur Wintersonnenwende erschienen, präsentierte Barbara Fischer am ersten Februar die überarbeitete Neuausgabe ihres Fantasy-Romans »Lilith«.

Das Periplaneta Literaturcafé im Februar

Im Vorfeld hatte ich mich jeglichen Spoilers verwehrt und so war ich dann doch überrascht, dass Lilith offenbar eine bekannte Figur der menschlichen Mythologie ist. Ich kannte bisher nur den Namen. Auch hatte ich noch etwas von einer ersten Frau des christlichen Adams gehört oder dass man ihr nachsagt, ihre Kinder zu essen. Insofern wurde der Abend für mich sehr lehrreich, denn Barbara Fischer las nicht nur aus ihrem Buch vor, sie gab nach der Pause auch einen aufschlussreichen Vortrag zur Veränderung der Lilith-Gestalt über die Jahrtausende, denn schon die Sumerer kannten sie.

Barbara Fischer während der Lesung

Dass dabei aus einer Schöpfungsgöttin eine Dämonin wurde, stellte Barbara Fischer als Produkt männlicher Deutungshoheit dar. Die Vorstellung, dass die Schöpfung weiblich ist, hat ja schon immer an der Rolle des Mannes genagt.

Odin hat es faustdick hinter den Ohren und das hörte man.

Um die Welt wieder gerade zu rücken, schuf Barbara Fischer nun eine Fantasy-Saga, die sich mythologischen Frauenfiguren widmet und ihre Geschichten neu erzählt. Neben Lilith wird das mit Frigg und Freya fortgesetzt. Wie Verleger Tom Manegold nach der Pause stolz verkündete, ist Band zwei bereits fertig und dürfte im März erscheinen, während Band 3 schon einen Titelbildentwurf von Holger Much besitzt (dessen Bilder ich großartig finde!) und nach Aussage der Autorin zu einem Drittel geschrieben ist.

Tom stammt aus einem Bild von Holger Much

Da bereits die sumerische Lilith auf einem Weltenbaum lebte, machte Barbara Fischer sie zur Mutter Odins und lässt die Handlung auf der Weltesche Yggdrasil spielen. Liliths Zwillingsbruder Ariman ist aus der Verbannung zurückgekehrt und will sich rächen. Das führt zu Auswirkungen auf allen Welten der Weltesche und etliche kuriose Gestalten tauchten in den kurzen Textschnipseln auf, die uns ausdrucksstark präsentiert wurden. Allerdings hatte ich beim Zuhören den Eindruck, eher ein Kinderbuch vor mir zu haben. Mal sehen, ob die eigene Lektüre das bestätigt.

Die Autorin hatte einen Bild von Yggdrasil zur Illustration der Handlungsschauplätze dabei

Das Buch ist furchtbar dick, eine Waffe, wie Tom bildhaft beschrieb und verwies gleich darauf, dass sie nicht nur so verrückt seien, zur Wintersonnenwende Bücher herauszubringen, sondern auch sofort die neue Rechtslage des verminderten Steuersatzes für eBooks nutzten und einen entsprechenden QR-Code im Klappumschlag unterbrachten. Allerdings lässt sich das Passwort nur nach Lektüre des ersten Kapitels ermitteln. Ein spannendes Konzept. Wie überhaupt das ganze Programm der Edition Drachenfliege nur so von herausgeberischem Mute strotzt. Ich finde das immer wieder überraschend und inspirierend.

Natürlich bat ich um eine Signatur

Mal sehen, wann es die »Weltenbaumsaga« in meine Lektüreliste verschlägt.

Ein geistvoller Abend neigte sich mit Applaus zu Ende …

11 Kommentare

  1. Rhiannon sagt:

    Wobei es immer eine recht interessante Sache ist zu vergleichen, wie Autoren die echten mythologischen Figuren betrachten und in ihre Geschichten einbauen.

    Heißt es nicht irgendwo – solange sie nicht vergessen sind, gibt es immer jemanden, der an sie glaubt und damit auch deren Erbe weiterträgt? 😉

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    • lapismont sagt:

      Das finde ich auch immer sehr spannend. Auch, wenn man sich dann erst einmal in das Thema einlesen muss.

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      • Rhiannon sagt:

        Ja, aber ist es nicht auch etwas, das einen guten Autor ausmacht?
        Würden wir wirklich nachforschen wollen, wenn die Geschichte uninteressant ist? 😉

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      • lapismont sagt:

        Stimmt auch wieder. Sowohl der Mythos selbst als auch die Bearbeitung sollten anregend sein. Ich finde etwa christliche Mythen meist langweilig.

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      • Rhiannon sagt:

        Ganz genau. Mach dir mal den Spaß und zieh Parallelen. 😉

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      • lapismont sagt:

        Oha, Du unterschätzt mein Spaßbedürfnis. 😉

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      • Rhiannon sagt:

        Keineswegs 😉
        war als Aufforderung gemeint … 😉

        Maria und Co haben ja auch verschiedene Hintergründe, die sich mal leichter und mal schwerer in anderen Mythologien finden lassen …

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      • lapismont sagt:

        Das zu erkennen heißt ja, diese Mythen zu kennen. Ich bin mit den griechischen und römischen Göttinnen aufgewachsen, passt da etwas zu Maria und Co?

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      • Rhiannon sagt:

        na klar doch …
        Maria ist einfach ein tolles Beispiel:
        Sie hat ihr Äuqivalent zu Venus / Aphrodite / Freya …

        in anderen Mythologien:
        Ezulie – Voodoo
        Ištar – Babylon
        Turan – Ertrusker
        Hathor – Ägypten
        Xochiquetzal – Azteken

        Das funktioniert auch bei vielen anderen Heiligen.

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      • lapismont sagt:

        Aber bei den ChristInnen gibt es doch nur einen Gott? Ist mir komplett neu, dass es da eine Liebesgöttin gibt.

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      • Rhiannon sagt:

        darum auch der Aspekt mit den Heiligen – die sind oft polytheistischen Gottheiten gleich oder komplett ident …
        Ein kleiner „Kompromiss“, den die Missionare machen mussten um neue Gläubige zu gewinnen.

        Solange es Wesen gibt, die in einem Glauben angebetet oder um Rat gefragt werden – sind solche Parallelen zu finden.

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