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Zweimal schwach ist traurig

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Die blühende Landschaft deutscher Phantastikpreise ist bunt. Während ich wenig zur Fantasy und zum Horror sagen kann, fällt mir zur Science Fiction schon mehr ein.

Preise sind Geschmackssache, daher ist es völlig in Ordnung, wenn ich mit meiner Meinung allein da stehe. Niemand muss sie teilen und der folgende Text soll niemand angreifen, kleinreden oder gar beleidigen.

Jedenfalls ist das Ergebnis der diesjährigen Runde zum Deutschen Science Fiction Preis und zum Kurd Laßwitz Preis in den Kategorien deutschsprachige SF-Romane und SF-Kurzgeschichten in meinen Augen schwach.

Ich gönne der Siegerin Gabi Behrend und den Siegern Dirk van den Boom, Andreas Brandhorst und Michael K. Iwoleit ihre Preise, alle vier habe ich schon persönlich getroffen oder zumindest live erlebt und alle sind nett, wenn man mit MKI auch trefflich streiten kann. Alle vier schreiben auch gar keinen Mist und haben zum Teil sogar ganz Großartiges verfasst.

Was mich aber stört ist, dass sowohl beim DSFP als auch beim KLP erneut solider Mainstream gewonnen hat, vermutlich sogar eher die Menschen als ihre Werke.

Schaut man sich etwa die Punkteverteilung für die Romane beim KLP an, konnte der Gewinner Andreas Brandhorst mehr als doppelt so viele Punkte erringen wie Frank Hebben. Selbst Thomas Thiemeyer und Horst Evers landeten vor der Novelle Im Nebel kein Wort. Vielleicht lag es auch an der Entscheidung, sie nicht bei den Kurzgeschichten zu listen, aber dass die deutschen SF-Schaffenden in so eklatant deutlichen Zahlen den Standardroman feiern, enttäuscht mich doch. Ich befürchte, dass derartige Zeichen weder Experimentierfreude noch literarische Kreativität fördern helfen.

Ich beobachte seit Jahren, dass in dem von mir besuchten Teil des Fandoms, ein gewaltiger Tellerrand entstanden ist, der nur ganz selten überklettert wird. Kaum eines der für mich spannenden SF-Werke der letzten Jahre fand dort Beachtung oder LeserInnen. Falls doch mal ein Werk gelesen wurde, zeigte sich schnell eine fast intuitive Ablehnung von Sprache und Themen jenseits des Gewohnten. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass oft jene Texte begehrt sind, die an Werke erinnern, mit denen die eigene SF-Begeisterung begann. Das ist an sich völlig in Ordnung, aber letztlich ein Schmoren im eigenen Saft. Und vor allem stinklangweilig.

Spannende Abenteuerromane lese ich sehr gerne, doch von einem Buch des Jahres erwarte ich mehr. Ich find die Ergebnisse für die deutsche SF bedauerlich, beglückwünsche aber natürlich sowohl Gabi, als auch die die drei Herren. Möge sie das Wort nie verlassen!


11 Kommentare

  1. Vom Gefühl her würde ich die Lage ähnlich einschätzen, da ich aber nur sehr wenig deutschsprachige SF lese (es gibt nur wenig, was mich da im Vergleich zu internationalen SF reizt), wage ich es nicht, da ein konkretes Urteil abzugeben. Der Doppelsieg von Brandhorst im letzten Jahr hat mich aber schon gewundert, denn den Gewinnerroman Das Schiff habe ich dann gelesen und als ziemlich altbacken, technokratisch und trantütig empfunden. Kein Vergleich zu den aufregenden SF-Romanen, die bei den internationalen SF-Preisen nominiert sind.

    Es ist auch mein Eindruck, dass die deutschsprachige SF-Leserschaft und auch die SF-Schaffenden (denn die stimmen ja beim KLP ab) eher konservativ und wenig visionär veranlagt sind. Die deutschsprachige Science-Fiction scheint vor allem in der Vergangenheit stattzufinden, also in der Tradition von Perry Rhodan und all jener SF, mit der die mittlerweile leicht ergrauten Herren der SF-Szene aufgewachsen sind. Die aufregende und eben visionäre SF scheint tatsächlich eher außerhalb der SF-Szene oder gleich im Ausland stattzufinden.

    Aber Neulinge wie Mathias Oden (»Junktown«) scheinen ja etwa frischen Wind ins Genre zu bringen.

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  2. Anja Bagus sagt:

    Danke dass es mal jemand sagt.

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  3. Guten Tag.
    Mag sein. Ist aber zum Teil aber sicher auch Geschmacksache.
    Wäre nicht beiden Seiten gedient, wenn man z.b. eine neue, zusätzliche Kategorie einführte?
    „Outside mainstream“, „Innovatives“, „Experimental-SF“, so in der Art?
    MfG
    Burkhard Tomm-Bub
    – Leicht ergrauter –

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    • lapismont sagt:

      Die Frage ist doch, ob die an der Preisvergabe beteiligten überhaupt außerhalb des Mainstreams fischen wollen? Wenn sie von denen aber gar nicht erst angefasst werden, bringt auch eine zusätzliche Kategorie nichts. Vermute ich.

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  4. Frage meinerseits: Was wären denn „die üblichen Themen“? Würde mich jetzt wirklich mal interessieren. Kann man das in kurzen Worten umreißen?
    ich habe mich, muss ich zu meiner Schande gestehen, bisher überhaupt nicht mit diesem Preis befasst (obwohl ich das als SF-Schreibende wohl tun sollte), und war gestern zum ersten Mal auf der Webseite. Ähm … appropos „konservativ“: Die Seite sieht so aus, als wäre sie zum letzten Mal zur Jahrtausendwende überarbeitet worden … Es gibt nicht mal ein Icon in der Browserleiste, und vom Design her ist das „Stufe 1“, nachdem wir die Seiten hinter uns gelassen hatten, die quer über die ganze Browserseite gingen …
    So gesehen wundert es mich nicht, wenn man da seit Jahrzehnten immer die gleiche Art von SciFi auszeichnet.

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    • lapismont sagt:

      Die KLP-Homepage ist schon eigen. Vielleicht mangelt es an Zeit, oder Möglichkeiten oder es gefällt den Machern einfach.

      Ich sprach ja von Gewohntem. Also die Space Opera in zerbrechenden Sternenreichen, Alieninvasionen, mysteriöse Artefakte oder Postapokalypsen.

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  5. Leif Cira sagt:

    Mainstream hin oder her: der Boom Roman (Sieger bester Roman DSFP ist einfach missraten. Der Plot so lala, der Stil halbgar bis unerträglich (mit den ewigen deskriptiven Teilen zwischen den Sätzen einzelner Dialoge!) und ohne irgendwelchen Spannungsaufbau. „Pappnasen-Prosa“, sagte ein Bekannter, dem ich einige Seiten zu lesen empfahl.
    Nun können Romane misslingen … fragen muss man sich, was mit der Jury los ist. Liest sie zu wenig deutsche SF, oder – was tragischer wäre – lag nichts Besseres vor?

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