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Im Schlund der Sprache

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Vertrumpte Zeiten stehen an und es gibt einen literarischen Sound, der uns in die unbekannte Near-Future trägt, die sich anfühlt, als lebten wir 1914 oder 1939.

Vorabendgefühle.

Auf ymir oder aus der hirnschale der himmel von Philip Krömer stieß ich eher zufällig. Es gibt einen Bloggerliteraturpreis für Debüts und in der Shortlist 2016 fanden sich die Namen Jules Verne und Walter Moers als mögliche literarische Referenzen. Eine Rezensionsanfrage später bekam ich das wunderschön gestaltete Buch vom homunculus verlag.

ymir-cover

ymir oder aus der hirnschale der himmel von Philip Krömer

Philip Krömer ist Dichter und entsprechend gestaltet sich sein Prosa-Debüt auch sehr lyrisch. Es gibt einige Graphik- und Layout-Finessen, die nicht nur den Text in eine besondere Form gießen sondern auch der Handlungszeit mehr Leben einhauchen.

Darüber hinaus ist die Sprache voller fein ziselierter Sätze. Es wird mit Wagnerzitaten ebenso locker gespielt wie mit dem Ton nordischer Mythen oder dem von Nazi-Propaganda. Stets an die Handlung und dem Berichtspart des Erzählers angepasst. Womit wir beim Inhalt sind.

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ist Deutschland ganz im arischen Germanentaumel. Man glorifiziert Wagner und sucht in den alten Göttersagen nach nationalsozialistischen Wurzeln. Wie schon bei Jules Vernes öffnet sich in Island das Tor in die Unterwelt. Doch unsere Expedition soll die Urarier finden und alsbald wird aus dem Abstieg ins Innere der Erde eine Reise in den steinernen Körper des mythologischen Riesen Ymirs.

Drei Männer lassen sich in den Schlund hinab. Karl der Erzähler ist der bildungsbürgerliche Schriftsteller. Er benennt seine Mitstreiter nach ihrer Erscheinung. Der SS-Schläger und Aufpasser von Auftraggeber Heinrich Himmler wird so zu Klein Heinrich, der adlige Wagnerianer und Hohlweltspezialist erhält den Kosenamen VonUndZu. Es gibt Konflikte, Begegnungen, Katastrophen.

ymir oder aus der hirnschale der himmel ist kein Abenteuerroman. Es ist eine Reise in die Gedankenwelt einer Epoche. Eine teilweise aggressive Reise.

Meine Rezension ymir oder aus der hirnschale der himmel von Philip Krömer ist kaum online, da folge ich gedanklich bereits dem nächsten Krieg oder besser dem vorherigen. Frank Hebbens Im Nebel kein Wort ist seine erneute, phantastische Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg.

Und es ist beängstigend, wie zeitnah sich beide Werke anfühlen. Als ob sich der Stoff der Wirklichkeit in die Gedanken und Worte der Autoren senkte und ihre Finger zu apokalyptischen Schreibwerkzeugen werden ließ. Präapokalypse.

Eine sehr gute Besprechung findet sich auch drüben bei Marc im seinem Blog Lesen macht glücklich: [Rezension][Das Debüt 2016]: Philip Krömer – Ymir oder aus der Hirnschale der Himmel


6 Kommentare

  1. Marc sagt:

    Vielen Dank für das Teilen meines bescheidenen Beitrags.

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  2. […] Im Schlund der Sprache […]

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  3. […] ich kürzlich ymir oder aus der hirnschale der himmel von Philip Krömer rezensierte, schickte mir der homunculs verlag gleich ein Verlagsprogramm mit. […]

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  4. …ich darf deinen Blog nicht lesen! Ich darf deinen Blog nicht lesen! Ich darf…
    Du kennst diese Leute, die sich durch Tipps, Inspirationen und Hinweise dieser Art anregen lassen, ihren schon sehr hohen SUB weiter aufzuhäufen?
    Nee, ich lese deinen Blog nicht mehr!, sage ich mir jedes Mal, wenn ich reinschaue. Ansonsten: Danke für die Anregung!

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