Nach drei Büchern und zwei Lesungen bin ich schon lange nicht mehr unvoreingenommen, wenn es um Dietmar Dath geht.
Meist begeistert mich ja eher das Werk bereits verblichener Autorinnen und Autoren, aber mit dem Dath kann ich wirklich etwas anfangen.
Brecht schmult immer irgendwo hervor
Besonders reizt mich, dass er mich geistig herausfordert, Selten verstehe ich alles und ich muss oft genug über Sätze, Konzepte und Handlungsstrukturen nachgrübeln.
Daher ist es immer spannend, wenn er es selbst erklärt. Wie Freitag Abend im Brechthaus.
Als Gesprächspartner, bzw. ein paar Fragen-Steller fungierte FAZ-Kollege Andreas Platthaus.
Andreas Platthaus und Dietmar Dath sind Kollegen
Der stellte auch gleich den Abend unter den Eindruck eines anderen Kollegen, nämlich Dieter Bartetzko, den sie am Vormittag zu Grabe getragen hatten.
Dietmar ging später wiederholt auf ihn ein, eine vor allem kraftvolle Erinnerung an den Freund.
Es wurden die beiden Bücher vorgestellt, die im Frühjahr erschienen sind. Venus siegt, die Parabel über Stalinismus transferiert auf eine zukünftige Venus und Deutsche Demokratische Rechnung, eine Art Parallelweltgeschichte, die sich mit den Gründen für das Scheitern der DDR auseinandersetzt. Grob gesagt.
Beide Bücher lohnen sich, sie zu lesen und dann entdeckt man noch viel mehr darin.
Einige Geheimnisse verriet Dath am Ende seiner Lesereise, zumindest sagte er das.
Darunter auch, dass es sich bei Deutsche Demokratische Rechnung um einen SF-Roman handele, er könne auch gar nichts anderes schreiben.
Ich hatte mir das Buch am Vortag gekauft und schon bereits angelesen. Und tatsächlich wunderte ich mich, warum mir plötzlich ein Gegenwartsroman gefällt. Er spielt in 2014, BRD, Erde. Jetzt ist die Empathie erklärbar, SF, what else?
Es stecken mehr als ein paar Worte in einem Buch von Dietmar Dath.
Auch wenn sehr vieles realistisch ist, gab Dath doch einige Beispiele, wo man diesen Realismus ruhig in Frage stellen sollte. Das betrifft zum Teil höhere Mathematik, wo man mir eh alles erzählen kann und ich hielte es für Phantastik.
Zu Venus siegt wusste Dath logischerweise noch mehr historische Figuren zu benennen, die darinnen zu finden sind. Funktionäre interessierten mich nie besonders. Da es in meiner Jugend zu viele von ihnen gab, musste ich etwa Bucharin googeln.
Mich wird das wahrscheinlich nie so faszinieren können, wie jemanden der im Westen nach Osten mit großen Augen sah.
Den Büchertisch bestückte übrigens die Otherland-Buchhandlung. Ich sah Simon Weinert da sitzen und just heute las ich im Newsletter, dass er am 14. Juli endlich die gedruckte Version von Tassilo – Der Mumienabrichter präsentieren kann.
Eine Sache berührte mich, weil sie so ein bisschen nach dem aussah, wie meine Zukunft sein könnte. Neben mich setzte sich ein alter Mann, der stolz erklärte, zur alten Garde zu gehören. Wie berühmt das Brechthaus schon vor dem Mauerfall war. Biermann in der Nähe und aus Westberlin seien sie gekommen. Ich vermutete, er hätte Deutsche Demokratische Rechnung nur gelesen und gekauft, der DDR wegen.
Und im Buch gibt es ja auch so eine feine Melancholie, die ich nicht mitempfinden kann. Auch mit Honecker habe ich kein Mitleid und mir ist es egal, wie zynisch es war, ihn im selben Knast festzusetzen, wie schon die Nazis.
Aber, ich finde es äußerst interessant. Entropie hat ihre Grenzen aber eben auch Potential.
Meister Dath wird ja übrigens seit geraumer Zeit auch im englischsprachigen Raum wahrgenommen. Das jüngste Ereignis hier:
http://www.bookpunks.com/wherein-three-authors-read-and-dietmar-daths-t-shirt-wins-the-internet/
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Witziger Artikel. Dass Dath mit so einem T-Shirt Eindruck schindet, kann ich mir vorstellen!
Von den beiden anderen Autoren hab ich aber auch noch nicht gehört. Seltsam
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Die Bookpunks sind goldig. Neulich haben sie auch toll übers Otherland geschrieben:
http://www.bookpunks.com/otherland-a-berlin-sff-bookstore-to-steal-your-heart-and-empty-your-wallet/
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